Chowdury und Andere gegen Griechenland  | 2017

Schüsse auf Erdbeerpflücker führen zu laufenden Reformen

Sie schlugen uns und sagten, „Wir werden euch töten". Drei von ihnen schossen auf uns, während die anderen uns mit Stöcken schlugen. Die Schießerei dauerte länger als 20 Minuten.

Einer der Opfer des Angriffs berichtet von Amnesty International - © Foto Amnesty International

Hintergrund

Hunderte Arbeiter aus Bangladesch wurden angeworben, um Erdbeeren auf einem Bauernhof in Manolada, Griechenland, zu pflücken. Ihnen war ein Lohn von 22 Euro pro Tag versprochen worden. Sie arbeiteten einige Monate jeden Tag von 7 bis 19 Uhr ohne Bezahlung unter der Aufsicht bewaffneter Wachleute.

Die Arbeiter gingen in Streik und forderten ihren Lohn ein. Ihre Arbeitgeber weigerten sich und drohten ihnen mit Haft und Abschiebung. Die Arbeitgeber warben sodann neue Migranten an. Die alten Arbeiter fürchteten, dass man sie nie bezahlen würde. 100 bis 150 Arbeiter gingen auf ihre Arbeitgeber zu, um ihre Löhne einzufordern. Eine der bewaffneten Wachleute eröffnete das Feuer und verletzte 30 Arbeiter schwer.

Die Arbeitgeber und die zwei bewaffneten Wachleute wurden verhaftet und angeklagt. Sie wurden jedoch vom Menschenhandel freigesprochen und lediglich wegen gefährlicher Körperverletzung und widerrechtlicher Anwendung von Schusswaffen verurteilt. Sie wurden zur Zahlung von Entschädigungen einiger der Arbeiter verurteilt, die sich aber auf lediglich 43 Euro pro Opfer beliefen.

Über 40 Arbeiter reichten Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof entschied, die Arbeiter seien Opfer von Menschenhandel und Zwangsarbeit geworden. Den griechischen Behörden wäre ihre Situation bekannt gewesen, da über die Sache in den Medien berichtet worden und Gegenstand von Parlamentsdebatten gewesen sei. Dessen ungeachtet seien keine wirksamen Maßnahmen ergriffen worden, um Abhilfe zu schaffen.

Die Regierung habe gegen ihre Verpflichtung verstoßen, Menschenhandel und Zwangsarbeit zu verhindern, die Opfer zu schützen, wirksame Ermittlungen durchzuführen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Obwohl es Gesetze gegeben habe, um sich mit diesen Problemen zu befassen, seien die ergriffenen Maßnahmen unzureichend gewesen.

Ich würde jetzt gerne nach Hause gehen. Meine Familie will, dass ich zurückkomme. Aber was geschehen ist, ist eine Ungerechtigkeit, und ich kann das nicht für immer mit mir herumtragen. … Es ist falsch, das muss zuerst richtig gestellt werden.

Tipu Chowdhury, zitiert in The Guardian

Nachbereitung

Die Beschwerdeführer erhielten jeweils eine Entschädigung zwischen 12.000 und 16.000 Euro.

Nach den Ereignissen hat Griechenland zu einem späteren Zeitpunkt das Übereinkommen des Europarats gegen Menschenhandel ratifiziert, EU-Gesetze gegen Menschenhandel in innerstaatliches Recht übernommen und das Amt eines nationalen Berichterstatters geschaffen, um sich um dieses Problem zu kümmern. Der Berichterstatter verfasste einen nationalen Aktionsplan für die Jahre 2018-2023, der Maßnahmen zur Verhinderung von Zwangsarbeit, zum Opferschutz, zu Ermittlungen von Anschuldigungen und zur Bestrafung von Tätern enthielt.

Die Expertengruppe zur Bekämpfung des Menschenhandels (GRETA) des Europarats hat jedoch festgestellt, dass weitere praktische Schritte erforderlich sind, um Zwangsarbeit und Menschenhandel in Griechenland zu bekämpfen. Der Europarat verfolgt weiterhin dieses Problem.

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