Mehmet Şentürk und Bekir Şentürk gegen die Türkei  |2013

Gesundheitsreformen, nachdem Schwangerer lebensrettende Hilfe verweigert wurde

Meine Frau wurde in den Krankenhäusern, in die ich sie brachte, nicht sorgfältig versorgt.

Mehmet Şentürk, zitiert im Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, April 2013

Hintergrund

Am 11. März 2000 fuhr Mehmet Şentürk seine hochschwangere Frau, Menekşe Şentürk, die unter schrecklichen Schmerzen litt, ins Krankenhaus. Eine Hebamme teilte dem Paar mit, dass alles in Ordnung sei.

Doch Menekşe Şentürk hatte noch immer Schmerzen und daher fuhren sie zu einem anderen Krankenhaus. Erneut erklärte eine Hebamme, dass es keine Komplikationen gebe. Es wurde kein Arzt gerufen.

Das Paar beschloss, zu einem dritten Krankenhaus zu fahren, wo ein Urologe Menekşe Şentürk Schmerzmittel verschrieb und ihr sagte, sie solle nach der Entbindung wiederkommen.

Am Abend hatte sie starke Schmerzen. Mehmet Şentürk fuhr sie zu einem vierten Krankenhaus, wo das Personal eine Ultraschalluntersuchung durchführte, die zeigte, dass ihr ungeborenes Baby gestorben war.

Sie benötigte eine Notoperation. Doch das Paar konnte sich die Operation nicht leisten, deshalb sorgte eine ärztliche Fachperson dafür, dass sie in einem privaten Krankenwagen, in dem kein medizinisches Personal anwesend war, in ein gebührenfreies Krankenhaus überführt wurde.

Sie starb auf dem Weg dorthin.

Die Behörden leiteten eine Untersuchung ein, die bis 2008 dauerte. Ein türkisches Gericht stellte fest, dass ein Teil des medizinischen Personals strafrechtlich für Menekşe Şentürks Tod verantwortlich ist, doch ihre Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt und sie mussten nicht ins Gefängnis.

Menekşe Şentürks Ehemann und ihr Sohn, Bekir, legten gegen das Urteil Berufung ein. Ein anderes Gericht wies ihre Berufung mit der Begründung zurück, dass seit dem Tod von Menekşe Şentürk so viele Jahre vergangen seien, dass keine weiteren Klagen erhoben werden könnten.

Mehmet und Bekir Şentürk wandten sich im Kampf um Gerechtigkeit an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass Menekşe Şentürk angemessene Notfallversorgung verweigert wurde. Dies verstieß gegen ihr Recht auf Leben.

Folgemaßnahmen

Dieses Urteil war eins von mehreren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs, denen zufolge die türkischen Behörden zwischen 1996 und 2005 wegen ärztlicher Behandlungsfehler in Krankenhäusern Leben nicht geschützt haben.

Nach den Urteilen leitete die Türkei Reformen zur Verbesserung von Gesundheitsdienstleistungen ein. Diese Änderungen haben zu einem drastischen Rückgang der Müttersterblichkeitsrate seit den frühen 2000er-Jahren geführt. Die Zahl der Totgeburten in der Türkei ist in den letzten Jahren ebenfalls deutlich gesunken.

Durch regelmäßige Kontrollen sowie Informations- und Beratungsangebote wurden Maßnahmen zur besseren Versorgung Schwangerer ergriffen. Es werden auch mehr Schulungen für medizinisches Personal zur reproduktiven Gesundheit angeboten, einschließlich der Notfallversorgung.

Weitere wichtige Maßnahmen, die seit Menekşe Şentürks Tod eingeführt wurden, umfassen die Aufnahme von Patienten in Notfallversorgungseinrichtungen unabhängig von ihrem Sozialversicherungsstatus und ohne vorherige Bezahlung sowie die Einrichtung eines Koordinierungssystems zwischen den Krankenhäusern, um in Notfallsituationen den raschen Zugang zur Gesundheitsversorgung sicherzustellen.

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