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Heute Flüchtling – morgen Mitbürger?

In der kontrovers geführten Debatte über Flüchtlingspolitik wird eine Stimme nur selten gehört – jene der Städte. Ihrem Standpunkt Aufmerksamkeit zu schenken, bedeutet nicht nur, die Debatte konstruktiver zu gestalten, sondern kann auch zu einer Politik beitragen, die Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt vereint.

Der Großteil der Asylsuchenden und Flüchtlinge lebt in Städten: In den Stadtvierteln, Parks, Unternehmen, Krankenhäusern und Schulen sind sie keine abstrakte politische Frage – sie sind Menschen mit Bedürfnissen, Pflichten und Hoffnungen.

Den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sind die Menschen, die in ihren Städten leben, ein Anliegen. Sie kümmern sich sowohl um die Unterstützung der Neuankömmlinge als auch um den Wohlstand und das Wohlergehen der gesamten Gemeinschaft. Darum müssen wir einen Weg finden, um beides sicherzustellen. Wir können es uns nicht leisten, uns in einem kurzsichtigen politischen Kleinkrieg zu verstricken und die langfristige Sicht zu vernachlässigen.

Wir müssen den Weg dafür ebnen, dass die Flüchtlinge von heute die Bürgerinnen und Bürger von morgen werden. Wenn sie aufgrund rechtlicher und verwaltungstechnischer Hindernisse oder aufgrund fehlender Möglichkeiten zum Spracherwerb nicht arbeiten, studieren, Unternehmen gründen und sich nicht einmal ehrenamtlich engagieren dürfen, müssen wir Wege dafür finden, dass das Leben und das Talent dieser Menschen nicht vergeudet werden. Das können wir erreichen, wenn wir unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger davon überzeugen, dass Migranten keine Bedrohung sind, sondern eine Gelegenheit, Städte zu schaffen, die für alle inklusiver, offener, kreativer und dynamischer sind.

Wir rufen zur Ausarbeitung einer Politik auf, die Integration ernst nimmt, da unsere heutige Haltung bestimmt, ob Migration für die Gesellschaft ein Segen oder ein Fluch sein wird.

Abweisung und Angst können nicht die Grundlage einer erfolgreichen Integration sein. Diese kann nur dann funktionieren, wenn gegenseitiger Respekt und eine gemeinsame, pluralistische Gemeinschaftsidentität herrschen. Wir können die Neuankömmlinge nur dann dabei unterstützen, sich zu unseren gesellschaftlichen Grundwerten Gleichheit, Menschenrechte und Demokratie zu bekennen, wenn wir sie ihnen selbst vorleben. Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen und unermüdlich eine offene, gerechte und alle Menschen einschließende Demokratie erschaffen.

Um unsere Aufgabe erfolgreich zu lösen, arbeiten wir mit anderen Städten zusammen, etwa im Netz der interkulturellen Städte, das der Europarat unterstützt. Wir erarbeiten gemeinsam innovative Maßnahmen, um Schulen, Stadtviertel und Gemeinschaftseinrichtungen zu gestalten, die von reicher Vielfalt geprägt sind, um Diskriminierung zu verhindern, um gewalttätigen Extremismus und Hass zu bekämpfen und um das Vertrauen durch die Interaktion zwischen allen Mitgliedern der Gemeinschaft zu stärken. Wir möchten die Bedingungen dafür schafften, dass alle Menschen in lokalen Angelegenheiten mitreden und ihre Vorstellungen im Rahmen einer gemeinsamen Vision verwirklichen können, seien sie offizielle Staatsbürger oder nicht. All jene, die sich der Stadt zugehörig fühlen, sind für uns Bürger.

Die Erfahrung und das Fachwissen der Städte im Hinblick auf eine funktionierende Integration können dazu beitragen, die Wirksamkeit der landesweiten Politik zu erhöhen. Es ist Zeit, die Stimme der Städte zu hören.

 

Unterzeichnende

Herr Antonio DECARO, Bürgermeister von Bari (Italien)

Herr Erlend HORN, Stellvertretender Bürgermeister von Bergen (Norwegen)

Herr Juan María ABURTO, Bürgermeister von Bilbo (Spanien)

Herr Ricardo RIO, Bürgermeister von Braga (Portugal)

Frau Ana Belén CASTEJON HERNANDEZ, Bürgermeisterin von Cartagena (Spanien)

Herr Massimo BOSSO, Bürgermeister von Casalecchio di Reno (Italien)

Frau Amparo MARCO GUAL, Bürgermeisterin von Castelló (Spanien)

Dr. Florian JANIK, Bürgermeister von Erlangen (Deutschland)

 Dr.Elisabeth PREUß, Stellvertretende Bürgermeisterin, Erlangen (Deutschland)

Frau Susanne LENDER-CASSENS, Stellvertretende Bürgermeisterin, Erlangen (Deutschland)

Herr Francisco Javier AYALA ORTEGA, Bürgermeister von Fuenlabrada (Spanien)

Herr Imanol LANDA JAUREGI, Bürgermeister von Getxo (Spanien)

Herr Yasutomo SUZUKI, Bürgermeister von Hamamatsu (Japan)

Herr Pantelis KOLOKAS, Stellvertretender Bürgermeister von Ioannina (Griechenland)

Herr Harald FURRE, Bürgermeister von Kristiansand (Norwegen)

Herr Damien EGAN, Bürgermeister des London Borough of Lewisham (Vereinigtes Königreich)

Herr Nicos NICOLAIDES, Bügermeister von Limassol (Zypern)

Herr Fernando MEDINA, Bürgermeister von Lissabon (Portugal)

Herr Herr Bernardino SOARES, Bürgermeister von Loures (Portugal)

Herr Hryhoriy PUSTOVIT, Amtierender Bürgermeister von Lutsk (Ukraine)

Councillor Bob TURNER, Bürgermeister von Melton (Australien)

Frau Cecilia Soto, Vorsitzendes des ständigen Ausschusses für die Stadt Mexiko, LXIII Legislatur des mexikanischen Bundeskongresses (Mexiko)

Herr Isaltino MORAIS, Bürgermeister von Oeiras (Portugal)

Herr Anatoliy WERSCHYNA, Bürgermeister von Pavlograd (Ukraine)

Herr Luca VECCHI, Bürgermeister von Reggio Emilia (Italien)

Herr Ardell Fr. BREDE, Bürgermeister der Stadt Rochester, Minnesota (USA)

Herr Jordi VIÑAS, Bürgermeister von Salt (Spanien)

Herr Eneko GOIA, Bürgermeister von San Sebastian/Donostia (Spanien)

Herr Emídio SOUSA, Bürgermeister von Santa Maria da Feira (Portugal)

Herr Maurizio MANGIALARDI, Bürgermeister von Senigallia (Italien)

Herr Roland RIES, Bürgermeister von Straßburg (Frankreich)

Herr Carlos Enrique ALONSO RODRIGUEZ, Präsident des Cabildo von Tenerifa (Spanien)

Frau Chiara APPENDINO, Bürgermeisterin von Turin (Italien)

Herr Sergiy MORGUNOV, Bürgermeister von Vynnytsia (Ukraine)

Herr Pedro SANTISTEVE ROCHE, Bürgermeister von Saragossa (Spanien)

Europarat Straßburg 20. Juni 2018
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