Anlässlich des Welttages der Pressefreiheit am 3. Mai hat Generalsekretär Thorbjørn Jagland gefordert, dass die innerstaatlichen Diffamierungsgesetze der 47 Mitgliedsstaaten des Europarates nicht zu einer Selbstzensur der Medien führen und die öffentliche Debatte nicht beeinträchtigen dürfen.
„Wir beobachten eine besorgniserregende Entwicklung: Einige Regierungen nützen Diffamierungsprozesse zu politischen Zwecken, die einschlägigen Gesetze werden willkürlich zur Inhaftierung von Journalisten angewandt und die Gesetzesreformen zur Entkriminalisierung von Diffamierung sollen widerrufen werden. So lauten einige der Ergebnisse meines Berichts über die Lage der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit in Europa im Jahr 2016“, erklärte der Generalsekretär.
„Eine Demokratie benötigt Medien, die ihrer Arbeit nachgehen und die Mächtigen prüfen und kritisieren. Beim Ausüben dieser Kontrollfunktion müssen für sie die Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention, innerhalb der darin vorgesehenen Einschränkungen, vollständig gelten. Diffamierungsgesetze und ihre Umsetzung dürfen die Freiheit der Meinungsäußerung nicht gefährden“, fügte er hinzu.
„Bei der Ausarbeitung oder Änderung von Gesetzen sollten die Behörden berücksichtigen, dass laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Freiheitsstrafen nur in Ausnahmefällen mit der Menschenrechtskonvention vereinbar sind, etwa wenn andere Grundrechte verletzt wurden wie im Falle von Hassrede oder Aufstachelung zu Gewalt. Die zivilrechtlichen Sanktionen für Diffamierung müssen außerdem verhältnismäßig sein und dürfen nicht dazu missbraucht werden, die Medien zum Schweigen zu bringen“, so Jagland.
Diffamierung ist in den meisten europäischen Ländern zunehmend entkriminalisiert worden, und dort, wo sie noch immer unter Strafe steht, werden die Sanktionen nur in seltenen Fällen verhängt. In den letzten Jahren hat die Zahl der Prozesse jedoch stark zugenommen und es wurden unverhältnismäßige Schadenersatzzahlungen auferlegt, die häufig höher ausfielen als die im Strafrecht vorgesehenen Geldbußen.
Das Ministerkomitee des Europarates hat zu Beginn des Jahres Leitlinien zum Schutz des Journalismus und der Sicherheit von Journalisten und anderen Medienakteuren verabschiedet. Darin werden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, ihre innerstaatlichen Gesetze und Praktiken hinsichtlich der Pressefreiheit zu überprüfen (auch die Umgangsweise mit Diffamierung) und zu gewährleisten, dass sie im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention stehen.
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