Zurück Minderheitensprachen in Deutschland: Notwendigkeit einer verstärkten Lehrerausbildung, Medieninhalte und Verwendung in Gerichten und Verwaltungen, u.a. in einem neuen Bericht

Minderheitensprachen in Deutschland:  Notwendigkeit einer verstärkten Lehrerausbildung, Medieninhalte und Verwendung in Gerichten und Verwaltungen, u.a. in einem neuen Bericht

Straßburg, 15.09.2022 - Während einige Minderheiten- oder Regionalsprachen in Deutschland zusätzlichen Schutz erhalten haben und die zunehmende zweisprachige Beschilderung begrüßt wird, sind mehr Lehrerausbildung, mehr Unterricht und eine stärkere Verwendung dieser Sprachen in Gerichten, Verwaltung und Medien erforderlich, so der Sachverständigenausschuss des Europarats im Rahmen der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in einem heute veröffentlichten Bericht.

Die Charta ist in Deutschland 1999 in Kraft getreten und gilt für Dänisch, Obersorbisch, Niedersorbisch, Nordfriesisch, Saterfriesisch, Niederdeutsch und Romanes.

Zu den positiven Entwicklungen, auf die der Bericht eingeht, gehört, dass die deutschen Behörden im vergangenen Jahr zusätzliche Schutzverpflichtungen für Verwaltungsdokumente, Ortsnamen und kulturelle Aktivitäten in Dänisch, Nordfriesisch und Niederdeutsch im Land Schleswig-Holstein übernommen haben. Es gibt Anzeichen dafür, so der Ausschuss, dass andere Bundesländer diesem Beispiel folgen und den Schutz und die Förderung ihrer Regional- oder Minderheitensprachen verstärken werden. Und die zunehmend vorhandene zweisprachige Beschilderung erhöht die Sichtbarkeit und das Prestige der Regional- oder Minderheitensprachen.

Während es viele verschiedene kulturelle Aktivitäten in Regional- oder Minderheitensprachen gibt und Anstrengungen unternommen wurden, um ihre Verwendung in der Sozialfürsorge, insbesondere in Altenheimen, zu erleichtern, stoßen ihre Entwicklung und Verwendung in anderen Bereichen auf Schwierigkeiten und sogar Stagnation.

Tatsächlich sollten Regional- oder Minderheitensprachen im Unterricht in der Praxis gestärkt werden, insbesondere im Zuge der Covid-19-Pandemie, die mit ihren hygienischen Einschränkungen die Unterrichtsmöglichkeiten einschränkte. Die Unterrichtsstunden für Regional- oder Minderheitensprachen sollten erhöht werden.

Dem Bericht zufolge ist der Mangel an angemessen ausgebildeten Lehrern trotz der von den Behörden ergriffenen Maßnahmen nach wie vor das "wichtigste Hindernis" für die Regional- oder Minderheitensprachen im Unterricht. Der Ausschuss stellte beispielsweise fest, dass in einigen Schulen der Unterricht in Nordfriesisch und Saterfriesisch vor allem wegen des Mangels an Lehrern zurückgegangen ist. "Es müssen sofortige Maßnahmen ergriffen werden, um eine ausreichende Anzahl von ausgebildeten Lehrern für den Unterricht in den Regional- oder Minderheitensprachen sicherzustellen", so der Ausschuss.

Obwohl die Verwendung von Regional- oder Minderheitensprachen im Verkehr mit den Justizbehörden möglich ist, werden sie vor den Gerichten kaum verwendet. Auch in der Verwaltung werden die meisten Sprachen nicht konsequent verwendet.

Auch die Häufigkeit und Länge von Fernseh- und Radiosendungen in Regional- oder Minderheitensprachen ist nach wie vor zu gering, um diese Sprachen wirksam zu verbreiten. Der Ausschuss stellt fest, dass mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Medien viele Sendungen in diesen Sprachen von Freiwilligen produziert werden ("Bürgermedien", "offene Kanäle"), denen es oft an ausreichender finanzieller Unterstützung fehlt. Darüber hinaus ist die Präsenz von Regional- oder Minderheitensprachen in den schriftlichen Medien unzureichend.

Die Behörden verweisen zwar auf die begrenzten Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Medien bei der Bereitstellung von Inhalten in Regional- oder Minderheitensprachen aufgrund der Unabhängigkeit der Medien, doch bekräftigt der Ausschuss seine Ansicht, dass die Förderung des Rundfunks in Minderheitensprachen durch finanzielle Anreize oder Lizenzanforderungen die Unabhängigkeit der Medien nicht beeinträchtigen würde.

Der siebte Prüfbericht des Sachverständigenausschusses der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen basiert auf Informationen aus staatlichen und nichtstaatlichen Quellen, einschließlich der Informationen, die er während seines Besuchs in Deutschland im März 2022 erhalten hat.

Der Prüfbericht wurde zusammen mit den Stellungnahmen der Behörden veröffentlicht.

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Sekretariat der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen

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