Zurück Ungarn: Antifolterkomitee stellt angemessene Bedingungen in Transitzonen fest, kritisiert jedoch Behandlung irregulärer Migranten bei Zurückweisung nach Serbien

Ungarn: Antifolterkomitee stellt angemessene Bedingungen in Transitzonen fest, kritisiert jedoch Behandlung irregulärer Migranten bei Zurückweisung nach Serbien

Das Komitee des Europarates zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) hat einen Bericht über seinen jüngsten Besuch in Ungarn vom 20. bis 26. Oktober 2017 veröffentlicht, gemeinsam mit der Stellungnahme der ungarischen Behörden (siehe auch die wichtigsten Ergebnisse des CPT in der Zusammenfassung des Berichts).

Hauptziel war die Überprüfung der Behandlung und Haftbedingungen von ausländischen Staatsangehörigen, die nach dem Ausländergesetz festgehalten werden. Das CPT besuchte zwei Transitzonen in Röszke und Tompa an der Grenze zu Serbien und mehrere weitere Einrichtungen; außerdem befragte es auf der serbischen Seite der Grenze Personen, die kürzlich nach Serbien „zurückgeschoben“ wurden.

Obgleich die Delegation in keiner der besuchten Einrichtungen Beschwerden über Misshandlungen durch das Personal erhielt, behaupteten viele von der Delegation befragte ausländische Staatsangehörige, die kurz vor dem Besuch der Delegation in Ungarn festgenommen und von der ungarischen Polizei durch den Grenzzaun nach Serbien eskortiert worden waren, dass sie von den ungarischen Polizeibeamten im Rahmen ihrer Festnahme und Rückkehr durch den Grenzzaun körperlich misshandelt worden waren.

Angesichts der Häufigkeit und Übereinstimmung der Beschwerden über Misshandlungen, welche die Delegationsmitglieder durch individuelle Befragungen erhielten und die durch umfassende medizinische Befunde des Arztes der Delegation gestützt wurden (darunter sichtbare Verletzungen, die von den betroffenen Personen gezeigt wurden), laufen durch die ungarische Polizei festgenommene irreguläre Migranten laut dem Bericht Gefahr, körperliche Misshandlungen zu erleiden.

In ihrer Stellungnahme erklären die ungarischen Behörden, dass der Bericht „eine große Zahl an Erkenntnissen erhält, die den Fakten widersprechen, wodurch dieser eher politischer als professioneller Natur ist“.

Sie unterstreichen, dass sie ein System geschaffen hätten, um Fälle von Misshandlungen zu verhindern und Polizeibeamte vor falschen Beschuldigungen über Misshandlungen zu schützen, doch viele Dokumente – beispielsweise bei der Grenzpolizei des Komitats Csongrád in Szeged – ließen eine deutliche Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis erkennen. Alle von der Delegation eingesehenen Dokumente waren unvollständig. Die Namen und persönlichen Daten der betroffenen Personen wurden überhaupt nicht erfasst. In einigen Fällen wurde ein einziges Formular für eine ganze Personengruppe ausgefüllt, die durch den Grenzzaun eskortiert wurde (anstelle von einem Dokument pro Person). Darüber hinaus zeigten Fotos nur die Gesichter der betroffenen Personen, wohingegen sich die Beschuldigungen über erlittene Misshandlungen gewöhnlich auf Schläge gegen andere Körperteile bezogen.

Laut dem Bericht gibt es im Zusammenhang mit „Zurückschiebungen“ kein Verfahren zur Bewertung des Risikos von Misshandlungen infolge von Zwangsrückschiebungen (Refoulement) und das CPT empfiehlt, dass die ungarischen Behörden den „Rückschiebungen“ auf die serbische Seite der Grenze ein Ende setzen.

Das CPT äußert Bedenken hinsichtlich der Tatsache, dass alle ausländischen Staatsangehörigen, die internationalen Schutz suchen, einschließlich Familien mit Kindern und unbegleiteten Minderjährigen (im Alter von 14 bis 18 Jahren), gezwungen sind, in den Transitzonen in Röszke und Tompa zu bleiben, während ihre Asylanträge bearbeitet werden. Das Komitee empfiehlt, dass die Behörden ihre Politik hinsichtlich des Festhaltens ausländischer Staatsangehöriger in Transitzonen grundlegend ändern. Vorrangig sollte die dortige Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen beendet werden.

„Aus der Stellungnahme der ungarischen Behörden geht deutlich hervor, dass die durch das CPT in diesem Bericht geäußerten Hauptbedenken weiterhin Gültigkeit haben“, erklärte der Präsident des CPT, Mikola Gnatowskij. „Ich vertraue darauf, dass der periodische Besuch, welchen das Komitee später in diesem Jahr in Ungarn durchführen wird, eine Gelegenheit bieten wird, die wichtigsten in dem Bericht aufgeworfenen Fragen zu erörtern, um die Situation von Ausländern zu verbessern“, fügte er hinzu.

Positiv hob das CPT die Anstrengungen der ungarischen Behörden hervor, für angemessene materielle Bedingungen in den Transitzonen zu sorgen und die Gebäude in einem guten und hygienischen Zustand zu erhalten. Allerdings ähnelt die Gesamtkonzeption der Transitzonen zu sehr einem Gefängnis. Eine derartige Umgebung kann nicht als angemessen für die Unterbringung von Asylsuchenden betrachtet werden, umso weniger, wenn sich Familien und Kinder unter ihnen befinden.

Der Bericht und die Stellungnahme wurden auf Antrag der ungarischen Behörden veröffentlicht.

Hinweis für die Redaktionen

Das Übereinkommen zur Einrichtung des CPT ermöglicht dessen Delegationen unbeschränkten Zugang zu Orten, an denen Personen die Freiheit entzogen ist, und gibt ihnen das Recht, sich an diesen Orten ungehindert zu bewegen. Sie stützen sich nicht ausschließlich auf Berichte von Nichtregierungsorganisationen. Die Delegationen befragen vertraulich Personen, denen die Freiheit entzogen ist, und tauschen sich frei mit jedem aus, der Informationen bereitstellen kann. Während der Besuche führen die Delegationsmitglieder jeweils getrennt und vertraulich Einzelbefragungen von Personen, denen die Freiheit entzogen ist, durch und erhalten unterstützende medizinische Befunde durch den Delegationsarzt (darunter sichtbare Verletzungen der betroffenen Personen).

CPT Straßburg 18. September 2018
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