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Zypern – Sensibilisierungswoche (2018)

Hintergrund, Initiator und Teilnehmende

In Zypern findet jedes Jahr eine Sensibilisierungswoche statt. Thema im Jahr 2018 war die bioethische Dimension des Älterwerdens. Zum Auftakt der Veranstaltung, die unter der Federführung des Präsidenten der Republik, des Gesundheitsministers und des Ministers für Arbeit und Soziales organisiert wurde, fand eine Pressekonferenz statt.

Ziel : Mit der Sensibilisierungswoche werden zwei Ziele verfolgt:

  • i) die Information der Öffentlichkeit über Entwicklungen im Bereich der Bioethik sowie
  • ii) die Information der politischen Entscheidungsträger über die im Rahmen der öffentlichen Diskussion angesprochenen Herausforderungen und die diesbezüglich notwendigen Governancestrukturen.

Vorgehen

Während der Sensibilisierungswoche 2018 fand eine breite Palette von Aktivitäten statt, unter anderem:

  • eine Fotoausstellung zum Thema Alter,
  • eine Podiumsdiskussion mit dem Parlamentspräsidenten und den Mitgliedern der parlamentarischen Ausschüsse über: i) Menschenrechte, ii) Gesundheit und iii) rechtliche Fragen,
  • eine Podiumsdiskussion mit dem Datenschutzbeauftragten und dem Verwaltungs und Menschenrechtskommissar (Bürgerbeauftragter),
  • ein Seminar zum Thema soziale Integration und Vulnerabilität,
  • eine Podiumsdiskussion über Tod und Trauerarbeit,
  • ein Workshop mit dem Titel «Schwierige ethische Entscheidungssituationen – das Lebensende»,
  • ein Workshop über «Ethik und ärztliches Standesrecht im beruflichen Alltag in der Geriatrie»,
  • Erarbeitung einer Standesordnung für Journalisten – Verhaltenskodex für Journalisten und Medien für den Umgang mit älteren Menschen,
  • ein Workshop über «Ethik und ethische Fragen bei der zahnärztlichen Behandlung von älteren Menschen»,
  • ein Seminar unter dem Titel «Ethische und standesrechtliche Fragen in der Pharmazie in Bezug auf ältere Menschen»,
  • ein Seminar unter dem Titel «Behandlungsoptionen für pflegebedürftige Menschen in Zypern»,
  • Vorträge für Medizinstudierende zu folgenden Themen: «Ethische Pflichten in der Medizin – Lehren aus der Vergangenheit und Vorbereitung auf die Zukunft», «Ethische Aspekte der Reanimation – was verändert sich?», «Bioethik und neue Operationstechniken»,
  • ein Workshop mit dem Titel «Ethische und standesrechtliche Fragen in der Bildungsforschung – die studentische Partizipation»,
  • Diskussionen mit Medizinstudierenden über: i) die moralischen, politischen und gesellschaftlichen Implikationen bei Fragen zum Thema Lebensende, ii) die medizinischen und rechtlichen Aspekte bei sexuellem Missbrauch von älteren Menschen,
  • eine Konferenz unter dem Titel «Generationsübergreifende Projekte – für ein jugendlicheres Alter und eine reifere Jugend».

Zyperns nationaler Bioethikausschuss (CNBC) organisierte eine öffentliche Gesprächsrunde, um ein stärkeres Bewusstsein für die Themen Älterwerden und ältere Menschen zu schaffen. Daran nahmen Sachverständige, politische Entscheidungsträger und Stakeholder wie das Zyprische Seniorenparlament und die Zyprische Beobachtungsstelle für ältere Menschen (NGO) teil. Diese Initiative richtete sich an die breite Öffentlichkeit. Es wurden zwei übergeordnete Fragen diskutiert: (i) Wie steht es um das Niveau der Pflege in den Alters- und Pflegeheimen und um die Qualität der Kontrollen, die vom Sozialen Dienst (der dem Ministerium für Arbeit, Soziales und Sozialversicherung angeschlossen ist) durchgeführt werden?, (ii) Wie sehen die Lebensbedingungen in den Alters- und Pflegeheimen in Zypern (staatlich und privat) aus? Diese mit der Öffentlichkeit geführte Diskussion brachte folgende Probleme und Potenziale für Verbesserungen in den Alters- und Pflegeheimen ans Licht:

  • Nächtliche Kontrollrundgänge werden oft aufgrund von Personalmangel nicht durchgeführt,
  • In den Alters und Pflegeheimen fehlt qualifiziertes Pflegepersonal,
  • Für die älteren Menschen braucht es wirksamere und angemessenere Schutzmassnahmen gegen sämtliche Formen des Missbrauchs und der Misshandlung,
  • Inspektionen sollten von den zuständigen Stellen durchgeführt werden,
  • Auf Beschwerden der Heimbewohnerinnen und bewohner muss besser eingegangen werden.

In der Gesprächsrunde kam man zum Schluss, dass es eine Veränderung auf politischer Ebene braucht. Es wurden unverzüglich Weisungen zur Änderung der bestehenden Gesetze im Zusammenhang mit der Qualität der pflegerischen Versorgung in Zypern (sowohl in den staatlichen wie auch in den privaten Alters- und Pflegeheimen) erteilt.


Nennenswerte Aspekte und gewonnene Erkenntnisse

Die öffentliche Diskussion kann ein äusserst wertvolles Instrument sein, um die Öffentlichkeit im Vorfeld der Ausarbeitung politischer Massnahmen über bedeutende Herausforderungen und zu treffende Entscheidungen zu informieren. Dank der Nutzung verschiedener Formen der Partizipation konnten möglichst viele Menschen in den Diskussionsprozess einbezogen werden. Die Aktivitäten waren an ein breites Zielpublikum gerichtet (die Allgemeinheit, Gymnasiastinnen und Gymnasiasten, Seniorinnen und Senioren, Medizinstudierende, Forschende und Gesundheitsfachpersonen) und wurden sehr gut aufgenommen. Sie stiessen sowohl im TV- wie auch im Print- und elektronischen Bereich auf ein breites Medienecho.

Die offene Atmosphäre während der Diskussion war ein wesentlicher Faktor. In diesem Umfeld konnten die über die dringlichen Herausforderungen gut informierten Teilnehmenden ihre Ansichten sowohl untereinander wie auch in Anwesenheit von Vertretern politischer Entscheidungsträger frei zum Ausdruck bringen. Die gezogenen Schlussfolgerungen veranlassten die Regierung zu einer Überprüfung der Gesetze, die ältere Menschen betreffen. Insbesondere die Diskussion über die Betreuung von älteren Menschen wirkte sich direkt auf die Governance aus. Der nationale Bioethikausschuss wurde von ministerieller Seite mit einer Untersuchung über die staatlichen und privaten Alters- und Pflegeheimen beauftragt, mit dem Ziel, die bestehenden Gesetze zu prüfen und sicherzustellen, dass unter anderem rund um die Uhr genügend Personal zur Verfügung steht. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen werden dem Parlament zur Ratifizierung vorgelegt.

Ein offensichtlicher Nachteil einer breit geführten öffentlichen Diskussion ist, dass sich diese auf jeweils ein Thema pro Jahr beschränken muss. Dafür ermöglicht dieses Vorgehen eine vertiefte Auseinandersetzung mit den bestehenden Herausforderungen.