Kaçiu und Kotorri gegen Albanien  | 2013

Folterung eines festgenommenen Mannes beeinflusst Reformen zur Beendigung der Misshandlung von Inhaftierten durch die Polizei

Die Schläge, die der Beschwerdeführer erlitt, waren so schwer, dass er von Polizeibeamten in den Gerichtssaal getragen werden musste.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 25. Juli 2013

Hintergrund

Olsi Kaçiu wurde gefoltert, während er sich im Gewahrsam der Polizei befand. Er wurde zu einer Aussage gezwungen, die einen Dritten einer Straftat verdächtigte. Die Aussage wurde dann im Verfahren gegen Herrn Kaçiu verwendet, als Beweis für sein Versäumnis, eine Straftat anzuzeigen. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof entschied, Herr Kaçiu sei von der Polizei gefoltert worden, bis er nicht mehr gehen oder stehen konnte. Da seine Strafverfolgung ausschließlich auf Beweisen basierte, die durch Folter erlangt wurden, seien sein Verfahren und seine Verurteilung nicht fair gewesen. Dies habe seine Grundrechte verletzt.

Nachbereitung

In Folge dieses Falles und weiterer Fälle führte die Regierung rechtliche Änderungen durch und ergriff auch praktische und informative Maßnahmen. Diese sollten die Misshandlung von Inhaftierten und die Verwendung von Beweisen, die durch diese erlangt werden, verhindern.

Die Reformen schlossen eine Änderung der Strafprozessordnung im Jahr 2013, um das Recht auf einen Anwalt zu etablieren, sobald man von der Polizei festgenommen wird; eine Änderung des Gesetzes über die Rechte von Untersuchungshäftlingen im Jahr 2014, das klare Regelungen über deren Behandlung einführte, und einen neuen Verhaltenskodex für Justizvollzugsbeamte im Jahr 2015 ein.

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