Siliadin gegen Frankreich  | 2005

Menschenhandel unter Strafe gestellt, nachdem ein 14-jähriges Mädchen in Paris als Haussklavin gehalten wurde

Ich war eine Sklavin … Ich wusste, dass das, was mit mir geschah, unfair war, weil ich zuvor eine Familie hatte und wusste, wie man Menschen behandeln sollte.

Henriette Akofa Siliadin, Interview mit Human Rights Europe - © Foto Europarat

 

Hintergrund

Henriette Akofa Siliadin kam aus Togo nach Frankreich, als sie 14 Jahre alt war. Sie war schutzbedürftig und abhängig von anderen. Die Personen, die sie begleiteten, nahmen ihr jedoch den Pass weg und zwangen sie, als unbezahlte Dienerin zu arbeiten, 7 Tage die Woche für mehr als vier Jahre. Als die Behörden eingriffen, musste sie zur Erholung sechs Monate ins Krankenhaus.

Nach ihrer Entlassung kam es zu einem Prozess, der Frau Siliadin ermöglichte, ihren unbezahlten Lohn zu erhalten. Die verantwortlichen Personen wurden jedoch vor französischen Gerichten nie für eine Straftat verurteilt.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof stellte fest, dass es nach geltendem französischem Recht zu dieser Zeit nicht ausdrücklich verboten war, eine Person als Hausdienerin oder Sklavin zu halten. Aus diesem Grund habe das Recht Frau Siliadin nicht ausreichend geschützt und die Handlungen ihrer Aufpasser nicht unter Strafe gestellt, was ihre Grundrechte verletzt habe.

Nachbereitung

Nach diesen Ereignissen, wurden Pflichtarbeit, Zwangsarbeit und Sklaverei in Frankreich zu Straftatbeständen erklärt. Das Urteil des Straßburger Gerichtshofs führte zu weiteren Änderungen der Gesetze, um Personen in ähnlichen Situationen ausreichend zu schützen. 2007 wurde in Frankreich der Menschenhandel unter Strafe gestellt.

2008 ratifizierte Frankreich das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels.

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