Orthodoxe Kirche Bessarabiens gegen Republik Moldau  | 2001

Schutz der Religionsfreiheit nach Verbot einer Kirche

Der Gerichtshof verweist auf seine bisherige etablierte Rechtsprechung, dass, wie in Artikel 9 verankert, die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit Fundamente einer „demokratischen Gesellschaft” im Sinne der Konvention sind.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Dezember 2001

Hintergrund

Die Orthodoxe Kirche Bessarabiens (MCB) ist eine christlich-orthodoxe Kirche, die sich 1992 von der moldauisch-orthodoxen Kirche abgespalten hat.

Die moldawischen Behörden weigerten sich, die MCB anzuerkennen oder einzutragen. Das Verfassungsgericht des Landes bestätigte diese Entscheidung mit der Begründung, nur die moldauisch-orthodoxe Kirche könne über die Anerkennung der MCB entscheiden.

Die verweigerte Anerkennung der MCB bedeutete, dass deren Priester keine Messen abhalten und ihre Mitglieder sich nicht zur Durchführung ihrer Religion versammeln konnten. Die MCB wurde nicht geschützt, da sie rechtlich nicht existierte.

Urteil des EGMR

Der Straßburger Gerichtshof stellte fest, dass, obwohl die Regierung der MCB eine gewisse Toleranz gezeigt habe, dies keine vollständige Anerkennung ersetzen könne. So wurden z. B. bei mehreren Anlässen Mitglieder der MCB der Einschüchterung unterzogen. Die Behörden hätten die MCB-Mitglieder nicht geschützt, weil sie entschieden hätten, die Aktivitäten der MCB seien unrechtmäßig.

Unter diesen Umständen sei die Weigerung, die MCB anzuerkennen, unverhältnismäßig gewesen und habe das Recht der Beschwerdeführer auf Religionsfreiheit verletzt.

Nachbereitung

Im Juli 2002 wurde das Gesetz für Religionsgemeinschaften geändert. Dies ermöglichte der Orthodoxen Kirche Bessarabiens zwei Wochen später die rechtliche Eintragung. Bis 2006 hatte die Kirche 86 Gemeinden, 9 Klöster, 2 Sozialmissionen mit 73 Unterabteilungen, 2 Seminare und eine Schule für Kirchenkunst angemeldet.

Im Mai 2007 wurde ein neues Gesetz für Religionsgemeinschaften verabschiedet, das die Religionsfreiheit umfangreicher schützt. Im Oktober 2007 wurde die staatliche Stelle, die für die Eintragung von Religionsgemeinschaften zuständig war, aufgelöst und die volle Verantwortung für diesen Bereich dem Justizministerium übertragen.

Weitere rechtliche Reformen zum Schutz der Religionsfreiheit folgten 2008 und 2009.

Links

Themes:

Ähnliche Beispiele

Gerechtigkeit und Reformen, nachdem Luftwaffenoffiziere strafrechtlich für ihre religiösen Aktivitäten verurteilt wurden

Drei griechische Luftwaffenoffiziere waren Mitglieder der Pfingstgemeinde. Sie wurden alle wegen Förderung ihrer Religion zu einer Bewährungsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt. Der Straßburger Gerichtshof urteilte, die Verurteilung der Männer für diese Gespräche mit Zivilisten habe ihr Recht auf Religionsfreiheit verletzt. Die griechische Regierung ergriff Maßnahmen, um sicherzustellen,...

Read more

Durchführung von Reformen, nachdem eine Mutter das Sorgerecht für ihre Kinder aufgrund ihrer Religion verlor

Ingrid Hoffmann war eine Zeugin Jehovahs. Als sie sich scheiden ließ, riet ein Kinderpsychologe, Ingrid das Sorgerecht für ihre zwei Kinder zu geben, da es eine starke emotionale Bindung zwischen ihnen gebe. Ein Gericht entschied jedoch aufgrund der Religion von Ingrid, der Vater solle das Sorgerecht erhalten. Der Gerichtshof entschied, dies sei diskriminierend - was zu Änderungen führte, die...

Read more

Airline-Angestellte gewinnt Kampf für Religionsfreiheit

Nadia Eweida arbeitete für British Airways (BA). Sie trug um ihren Hals eine Kette mit einem kleinen silbernen Kreuz, als Zeichen ihres religiösen Glaubens. BA suspendierte Nadia Eweida ohne Lohnfortzahlung, weil ihr Kreuz gegen die Kleidungsvorschriften verstieß. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied, dies sei ein unangemessener Eingriff in Frau Eweidas Recht auf...

Read more