Goodwin gegen Vereinigtes Königreich  | 1996

Größerer Schutz für die Presse, nachdem Journalist mit einer Geldstrafe belegt wurde, weil er sich weigerte, seine Quelle preiszugeben

Der Schutz journalistischer Quellen ist eine Grundvoraussetzung der Pressefreiheit

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 27. März 1996

Hintergrund

William Goodwin war Journalist. Ihm wurden geheime Informationen über die Finanzen eines Software-Unternehmens ausgehändigt. Herr Goodwin schloss aus diesen Informationen, dass das Unternehmen seine Aktionäre und die Öffentlichkeit in die Irre führte, indem es diese Informationen geheim hielt und ungerechtfertigte positive Finanzberichte herausgab.

Das Unternehmen wollte die Person, die die Informationen offengelegt hatte, verklagen. Herr Goodwin weigerte sich jedoch, die Identität seiner Quelle zu offenbaren. Das Unternehmen verklagte erfolgreich Herrn Goodwin, um ihn zur Offenlegung des Namens zu zwingen. Aber Herr Goodwin weigerte sich mit der Begründung, ein Journalist müsse seine Quellen schützen dürfen, der gerichtlichen Anordnung Folge zu leisten. Er wurde wegen Missachtung des Gerichts zu einer Geldstrafe in Höhe von £5.000 verurteilt.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof erklärte, der Schutz journalistischer Quellen sei eine der Grundvoraussetzungen der Pressefreiheit. Ein Journalist dürfe nur dann zur Offenlegung seiner Quelle gezwungen werden, wenn es ein übergeordnetes öffentliches Interesse gebe.

Der Gerichtshof entschied, es habe im vorliegenden Fall kein übergeordnetes öffentliches Interesse gegeben. Die Anordnung, die von Herrn Goodwin die Offenlegung seiner Quelle verlangt habe, habe sein Recht, Informationen zu empfangen und weiterzugeben, verletzt.

Nachbereitung

Der vom Straßburger Gerichtshof zugesprochene starke Schutz journalistischer Quellen wurde von den britischen Gerichten in ähnlichen Fällen berücksichtigt, um eine Wiederholung der gleichen Probleme zu vermeiden.

Herr Goodwin deckte die Identität seiner Quelle nie auf.

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