Segerstedt-Wiberg und andere gegen Schweden  | 2006

Beendigung der ungerechtfertigten Aufbewahrung privater Informationen durch die Sicherheitsdienste

Dies zeigt, was wir und viele andere in Schweden gesagt haben: man darf Aufzeichnungen nicht auf diese Weise aufbewahren.

Bengt Frejd, berichtet von SVT

Hintergrund

Fünf Schweden wurden vom schwedischen Geheimdienst aufgrund ihrer politischen Aktivitäten überwacht. Per Nygren, ein Journalist bei der Gothenburg Post, hatte mehrere Artikel über Nazismus und über den Geheimdienst verfasst. Ingrid Segerstedt-Wiberg war eine prominente Menschenrechtsaktivistin. Bengt Frejd, Staffan Ehnebom und der ehemalige Europaabgeordnete Herman Schmid waren in den 1960er und 1970er Jahren für die politische Linke aktiv gewesen.

Alle fünf beschwerten sich, die Geheimdienste würden immer noch Material über sie aufbewahren. Einige Informationen seien auch zwischen anderen öffentlichen Organen ausgetauscht worden.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof entschied, die kontinuierliche Aufbewahrung der persönlichen Überwachungsinformationen über Herrn Ehnebom, Herrn Nygren, Herrn Frejd und Herrn Schmid sei nicht gerechtfertigt. Das Material beziehe sich auf politische Aktivitäten in der Vergangenheit, viele von ihnen seien mehr als 30 Jahre zuvor erfolgt. Die Aufbewahrung der Informationen sei unverhältnismäßig und verletze das Recht der Beschwerdeführer auf Achtung des Privatlebens.

Die Aufbewahrung bestimmter Informationen über Ingrid Segerstedt-Wiberg sei gerechtfertigt, um sie vor einer Bedrohung ihres Lebens zu schützen. Sie und die anderen vier Beschwerdeführer wären jedoch nicht in der Lage gewesen, die weitere ungerechtfertigte Aufbewahrung von Informationen anzufechten; dies habe ihre Grundrechte verletzt.

Auch wenn der Gerichtshof anerkennt, dass Geheimdienste legitimerweise in einer demokratischen Gesellschaft existieren können, stellt er erneut fest, dass Befugnisse zur geheimen Überwachung der Bürger laut Konvention nur dann zulässig sind, wenn dies absolut notwendig ist.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 6. Juni 2006

Nachbereitung

2008 wurde eine Aufsichtsbehörde gegründet. Personen können diese nutzen, um zu erfahren, ob sie Ziel geheimer Überwachungen oder der Verarbeitung personenbezogener Daten waren. Sie können auch beantragen, Informationen, die von der Regierung erfasst wurden, zu korrigieren oder zu löschen.

2012 trat ein neues Polizeigesetz in Kraft, das Vorschriften zur Verarbeitung von Daten durch die Polizei und die Sicherheitsdienste einführte.

Alle Informationen über die Beschwerdeführer wurden aus den Akten des schwedischen Geheimdienstes gelöscht.

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