Zurück Grossbritannien – Öffentliche Diskussion über Neurowissenschaften, Drogen und Drogensucht (2007)

Grossbritannien – Öffentliche Diskussion über Neurowissenschaften, Drogen und Drogensucht (2007)

Hintergrund, Initiator und Teilnehmende

Im Jahr 2006 startete die Akademie der Medizinischen Wissenschaften (Academy of Medical Sciences, AMS) eine unabhängige Untersuchung zu gesellschaftlichen, gesundheitlichen, sicherheits- und umweltbezogenen Fragen, die in einem früheren im Jahr 2005 veröffentlichten Bericht mit dem Titel «Drugs Futures 2025?» aufgeworfen wurden.

Die im Rahmen des Projekts «Drugsfutures» organisierten Aktivitäten fanden von Januar bis April 2007 statt und richteten sich in erster Linie an Eltern von Kindern mit ADHS, an Studierende, Lehrkräfte, Drogenabhängige und ehemalige Drogenabhängige, ältere Menschen, Jugendliche und Menschen mit psychischen Problemen.

Ziel : Etwas über die Hoffnungen und Sorgen eines breiten Querschnitts der Gesellschaft im Zusammenhang mit aktuellen und künftigen Fragen in den Bereichen Neurowissenschaften, Drogen und Drogensucht erfahren.


Die Fragestellung

Im Rahmen dieses Projekts zur Einbindung der Öffentlichkeit konzentrierte man sich auf die Bereiche, in denen sich Neurowissenschaften, Drogen und Drogensucht überschneiden und berücksichtigte die drei im ersten sogenannten Foresight-Bericht ermittelten Drogenarten: die illegalen und legalen «Freizeit»-Drogen, Psychopharmaka und eine neue als «kognitionsfördernde Substanzen» bekannte Wirkstoffklasse, die möglicherweise zu einer höheren Gehirnleistung führt (beispielsweise zu einer Verbesserung des Kurzzeitgedächtnisses oder der Geschwindigkeit der Denkprozesse).

Basierend auf den Themenbereichen «Drogen und Jugend», «Drogen für ein leistungsfähigeres Gehirn» und «Drogen und das Gesetz» wurden spezifische Fragen gestellt.


Vorgehen

Zwecks Unterstützung ihrer unabhängigen Untersuchung zu gesellschaftlichen, gesundheitlichen, sicherheits- und umweltbezogenen Fragen, die sich aufgrund von Fortschritten im Zusammenhang mit Neurowissenschaften, Drogen und Drogensucht stellen, hat die AMS eine Arbeitsgruppe eingesetzt. In der Arbeitsgruppe, deren Zusammensetzung die Vielfalt der zu erörternden Fragen widerspiegeln sollte, waren Sachverständige aus den Bereichen Epidemiologie, Medizin, Neurowissenschaften, Psychiatrie, Psychologie, Pharmakologie, Philosophie und Recht vertreten.

Die Arbeitsgruppe konsultierte Stakeholdergruppen (zum Beispiel Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Forschungsförderorganisationen, Gesundheitsfachpersonen, Wohltätigkeitseinrichtungen und Patientenorganisationen) zu Fragen, die sich aufgrund aktueller und zukünftiger wissenschaftlicher Entwicklungen stellen können.

Es wurde eine breite Palette an Veranstaltungen organisiert, beginnend mit einer Auftaktveranstaltung in London (113 Teilnehmende), gefolgt von 19 kurzen Sensibilisierungs-Workshops (von je zwei Stunden Dauer und mit insgesamt 146 Teilnehmenden) und 5 regionalen Workshops (180 Teilnehmende) im ganzen Land, die sich jeweils auf ein anderes Thema konzentrierten (zum Beispiel Recht oder psychische Gesundheit). Darüber hinaus fand eine sogenannte «Brainbox» statt. Dabei handelte es sich um zwei zweitägige Veranstaltungen, die im Abstand von sechs Wochen stattfanden und an denen vertiefte Diskussionen zu den fünf Themen der regionalen Workshops geführt wurden (25 Teilnehmende). Anlässlich der Sensibilisierungsveranstaltungen (an einigen hielten drogenabhängige und ehemalige drogenabhängige Personen Vorträge) fanden sowohl Stakeholder-Konsultationen wie auch Befragungen von Sachverständigen statt.


Nennenswerte Aspekte und gewonnene Erkenntnisse

Das Projekt wurde einer sorgfältigen Evaluierung unterzogen. Im Folgenden werden einige Aspekte aufgeführt, die den Wert des Projekts für die verschiedenen teilnehmenden Öffentlichkeiten veranschaulichen (weiterführende Informationen entnehmen Sie bitte dem Evaluationsbericht zum Projekt):

  • Die Diskussionsveranstaltungen haben für die teilnehmenden Öffentlichkeiten gut funktioniert. Insgesamt waren die Befragten mit den Veranstaltungen und der Art und Weise ihrer Durchführung sehr zufrieden. Daher kam es auch zu einer wirklichen Partizipation.
  • Die Teilnehmenden schätzten die Veranstaltungen und empfanden sie als informativ und interessant. Hervorzuheben sind die Qualität der Diskussionen sowie das grosse Interesse und die Begeisterung der Teilnehmenden.
  • Die Teilnehmenden haben etwas Neues gelernt. Viele gaben auch an, dass sie dank der Teilnahme nun eine klarere Vorstellung von den diskutierten Themen hätten und sich mit der Teilnahme ihre Ansichten zu den Problemen rund um Drogensucht und psychische Gesundheit verändert habe.
  • Dank des Projekts nahm die Bereitschaft zu, sich auch künftig zu engagieren. Fast sämtliche Befragten gaben an, sich aufgrund der Teilnahme an diesen Veranstaltungen in Zukunft wohl eher in Diskussionen zu politischen Fragen einzubringen. Nahezu alle Befragten hielten es auch für wichtig, die Öffentlichkeit in Diskussionen über solche Themen einzubeziehen, und viele äusserten den Wunsch nach mehr Veranstaltungen dieser Art in Zukunft.
  • Viele Teilnehmende schätzten es, ihre Meinung zu diesen Fragen zum Ausdruck bringen zu können und von der AMS gehört zu werden. Sie erhielten dadurch den Eindruck, einen Beitrag zur Politikgestaltung leisten und Einfluss auf künftige Entscheidungen nehmen zu können.

Auswirkung

  • Eine der Prioritäten der öffentlichen Hand, und zwar die notwendige Erforschung von Sucht als Krankheit, wurde von der AMS aufgegriffen, und der Medical Research Council stellte zu diesem Zweck Mittel in Höhe von 8 Millionen Pfund zur Verfügung.
  • Im Juli 2009 veranlasste der dem Innenministerium angegliederte Advisory Council on the Misuse of Drugs (Beirat über Drogenmissbrauch) eine umfassende Unbedenklichkeitsprüfung von kognitionsfördernden Substanzen sowie eine Überprüfung der diesbezüglich bestehenden Regulierungen; ein Problempunkt, der von den Projektteilnehmenden zur Forschungspriorität erklärt wurde.
  • Der Dialog brachte mehr Erkenntnisse darüber, weshalb bestimmte gesetzliche Massnahmen im Zusammenhang mit Drogenkonsum keine Wirkung zeigen.
  • Der Dialog wirkte sich direkt auf Inhalt und Qualität des an die Regierung gerichteten Schlussberichts der AMS zum Thema Neurowissenschaften, Drogen und Drogensucht (Brain Science, Addiction and Drugs) aus, und die Teilnehmenden konnten ihren Beitrag im Schlussbericht nachvollziehen.