Zurück Belarus - Rechte und Pflichten von Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten innerhalb moderner Gesundheitssysteme (ethische und rechtliche Fragen) (2018)

Belarus - Rechte und Pflichten von Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten innerhalb moderner Gesundheitssysteme (ethische und rechtliche Fragen) (2018)

Hintergrund, Initiator und Teilnehmende

Im September 2018 regten das Gesundheitsministerium und der Ausschuss für Bioethik der Republik Belarus unter Mitwirkung des Zentrums für Bioethik der Republik eine Diskussion über «die Rechte und Pflichten von Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten innerhalb moderner Gesundheitssysteme (ethische und rechtliche Fragen)» an.

Hauptziele der Diskussion waren die Erörterung von Fragen der Verbesserung der medizinischen Praxis, ein Erfahrungsaustausch zwischen verschiedenen Krankenhäusern und medizinischen Zentren sowie die Formulierung von Vorschlägen für die Änderung und Ergänzung neuer Gesetzestexte, einschliesslich der Gesetze auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung, der Organ- und Gewebetransplantation und der Reproduktionsmedizin.

Die Notwendigkeit einer Diskussion wurde wie folgt begründet: In Belarus wünschen sich Patientinnen und Patienten heute eine bessere Gesundheitsversorgung und erwarten, dass Ärztinnen und Ärzte sie in ihrer Autonomie respektieren. Gleichzeitig herrschen mangelnde Kenntnisse bezüglich der geltenden Rechtslage und besteht ein Bedarf an wirksamer, professioneller Kommunikation. Es gibt auch eine neue Generation von Ärztinnen und Ärzten, die vor allem über eine fachlich fundierte Ausbildung, aber weniger über zwischenmenschliche Kompetenzen und Kenntnisse ethischer Aspekte verfügen. Diese Ärztinnen und Ärzte müssen sowohl mit den Gesetzen und ethischen Verhaltensregeln vertraut wie auch in der Lage sein, ihre Patientinnen und Patienten bei der Behandlung als Personen zu sehen, was eine ganzheitliche Betrachtung der Gesundheitsbedürfnisse voraussetzt. Deshalb musste die gesamte Gesellschaft in diese Diskussion einbezogen werden.

Mit der Diskussion sollten auch Gespräche über künftige Gesetzesänderungen im Bereich der Gesundheitsversorgung angeregt werden.

Ziel : Die Verbesserung der medizinischen Praxis im Gesundheitswesen, insbesondere in Bezug auf Organ- und Gewebetransplantationen und den Einsatz der Reproduktionsmedizin, sowie die Förderung des Verständnisses für solche Themen und ein stärkeres gesellschaftliches Miteinander, um auf die sich stellenden bedeutenden Fragen Antworten zu finden.


Die Fragestellung

Folgende Fragestellungen wurden diskutiert:

  • Was bedeutet «informierte Einwilligung» in der medizinischen Praxis?
  • Inwieweit sind sich die Patientinnen und Patienten ihres Rechts auf freie Arztwahl bewusst?
  • Wie lässt sich das Arztgeheimnis unter Nutzung von EHealth-Systemen wahren?
  • Inwieweit ist die Ärztin / der Arzt verpflichtet, bei einem schwerwiegenden Befund gegenüber all ihren/seinen Patientinnen und Patienten die Wahrheit zu sagen?
  • Wie kann dafür gesorgt werden, dass die Familienmitglieder ihr Recht auf Mitbetreuung ihrer Angehörigen wahrnehmen können, wenn sich diese auf der Intensivstation befinden?

Vorgehen

Im Zuge der öffentlichen Diskussion kamen unter anderem folgende Instrumente zum Einsatz:

  • Austausch über eine kleine Anzahl ausgewählter Themen in den Medien,
  • Umfrage unter Gesundheitsfachpersonen und auf medizinrechtliche Fragen spezialisierten Juristinnen und Juristen, die mit den wichtigsten zu diskutierenden Fragestellungen vertraut sind,
  • praktische Konferenz,
  • öffentlicher Vortrag mit anschliessender freier Diskussion,
  • die Rolle von Ethikkomitees in Krankenhäusern als Instrument zur Beantwortung ethischer Fragen im Zusammenhang mit Behandlungsentscheidungen.

In den Medien wurde eine Diskussion über die Rechte und Pflichten von Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten hinsichtlich ethischer und rechtlicher Fragen angestossen. An der Diskussion beteiligten sich Ärztinnen und Ärzte, Juristinnen und Juristen, Führungskräfte im Gesundheitswesen, Forschende im Bereich Bioethik, aber auch Mitglieder von Patientenorganisationen. Die Diskussion war Thema in verschiedenen Meinungsartikeln sowie bei Gesprächsrunden, in den Massenmedien und in wissenschaftlichen Fachzeitschriften.

Der Ausschuss für Bioethik der Republik, das Zentrum für Bioethik der Republik sowie die Mitarbeitenden der Anwaltskanzlei «JURSPECTR» begannen mit der Vorbereitung der praktischen Konferenz mit dem Titel «Die Achtung der Rechte von Patientinnen und Patienten und Gesundheitsfachpersonen innerhalb moderner Gesundheitssysteme: ethische und rechtliche Fragen». Im Vorfeld wurde eine Umfrage unter auf medizinrechtliche Fragen spezialisierten Juristinnen und Juristen sowie unter Ärztinnen und Ärzten durchgeführt, um die anlässlich der Konferenz wichtigsten zu diskutierenden Fragen zu eruieren. Die Konferenz fand im März 2019 unter der Federführung des Gesundheitsministeriums von Belarus, der Belarussischen Medizinischen Akademie für Postgraduale Weiterbildung und «JURSPECTR» statt. Während der Konferenz wirkten verschiedene im medizinischen und juristischen Bereich tätige Referentinnen und Referenten an öffentlichen Diskussionen zu den oben genannten Fragestellungen mit. Unter den Teilnehmenden befanden sich auch Patientenorganisationen.

Die «ärztliche Berufsethik» war das zentrale Thema des von der orthodoxen Kirche für die Mitglieder der Gesellschaft organisierten Programms, das insbesondere folgende Veranstaltungen umfasste:

  • einen Vortrag über Ethik eines russischen Mitglieds der Akademie der Wissenschaften, der im Juli 2019 im Rahmen eines von der Kirche organisierten kostenlosen und frei zugänglichen Seminars stattfand,
  • eine Pressekonferenz mit dem Titel «L’apparition des nouveaux martyrs à travers le prisme déontologique du médecin».

Auswirkung oder nennenswerte Aspekte

Die grundlegenden Ideen, die erörterten Fragen sowie die Lösungsvorschläge wurden von den Arbeitsgruppen bei der Ausarbeitung neuer Versionen von in der Republik Belarus geltenden Gesetzten (betreffend die Gesundheitsversorgung, die Organ- und Gewebetransplantation, die Reproduktionsmedizin) berücksichtigt. Diese durch neue Artikel ergänzten Gesetze wurden im Parlament diskutiert und im Sommer 2019 von der Nationalversammlung der Republik Belarus verabschiedet.

Zentrale ethische Herausforderungen:

  • Präzisierung der grundlegenden Begriffe (informierte Einwilligung usw.),
  • Wie kann der Wille der Patientin / des Patienten respektiert werden, wenn diese/dieser keine personenbezogenen Daten in elektronischen Datenbanken erfassen lassen möchte (wie vonseiten des Gesundheitswesens gefordert),
  • Festschreibung des Ziels des nationalen Bioethikausschusses, die Aktivitäten der lokalen Kommissionen für medizinethische Fragen zu koordinieren,
  • Das richtige Verhalten einer Ärztin / eines Arztes in einer Notfallsituation unter Berücksichtigung der informierten Einwilligung der Patientin / des Patienten und ihrer/seiner Angehörigen usw.

Nennenswerte Aspekte und gewonnene Erkenntnisse

Bei sämtlichen Tätigkeiten stützte man sich auf die grundlegenden im Leitfaden für die öffentliche Diskussion des Europarates genannten Definitionen. Die Aussage «Bei der öffentlichen Diskussion handelt es sich um eine Diskussion, die in der Öffentlichkeit, mit der Öffentlichkeit und für die Öffentlichkeit stattfindet» war für den Prozess ebenfalls richtungsweisend.

Die Organisatoren der verschiedenen öffentlichen Diskussionen liessen sich durch die dem Leitfaden zugrunde liegende Idee inspirieren und stellten ihre Aktivitäten auf die darin enthaltenen Orientierungshilfen ab.

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