Mrozowski gegen Polen  | 2009

Reformen zur Verhinderung von Polizeibrutalität nach gewalttätigem Angriff auf unschuldigen Mann

... das Gericht kann nur zu dem Schluss kommen, dass der Beschwerdeführer ohne jede Rechtfertigung und in Unvereinbarkeit mit innerstaatlichem Recht von den Polizeibeamten brutal angegriffen und von ihnen schwer verletzt wurde.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Mai 2009

Hintergrund

Artur Mrozowski fuhr mit dem Zug von der Arbeit nach Hause. Polizeibeamte betraten seinen Waggon, um gegen randalierende Fußball-Hooligans vorzugehen.

Herr Mrozowski war friedlich, ruhig und nüchtern; er war nicht bei den Fußballfans. Dessen ungeachtet schlug ihn ein Polizeibeamter mit einem Schlagstock wiederholt ins Gesicht, bevor er sich auf dem Gleis auf den Boden legen musste. Bei dem Angriff verlor Herr Mrozowski drei Zähne und er hatte eine offene Fleischwunde im Gesicht. Er verbrachte die Nacht in einem Krankenhaus und litt unter Übelkeit.

Die Polizei stellte Strafanzeige gegen Herrn Mrozowski, mit der falschen Behauptung, er sei einer der gewalttätigen Hooligans gewesen. Die polnischen Gerichte sprachen ihn frei, weil er nüchtern und friedlich gewesen war.

Ermittlungen führten zu dem Schluss, dass es seitens der Polizeibeamten kein Fehlverhalten gegeben habe.

Urteil des EGMR

Der Straßburger Gerichtshof entschied, Herr Mrozowski sei ungerechtfertigt von den Polizeibeamten gewaltsam angegriffen worden. Des Weiteren seien die Ermittlungen zum Vorgehen der Beamten nicht unabhängig und bedauerlicherweise unzureichend gewesen.

Nachbereitung

Ein Strafverfahren wurde gegen den Polizeibeamten eingeleitet, der den Angriff ausgeführt hatte. Er wurde im Juli 2012 für schuldig befunden und verurteilt.

Das Urteil des Straßburger Gerichtshofs war eines von mehreren Urteilen, bei denen es um Polizeibrutalität in Polen ging. Nach diesen Fällen wurden umfangreiche Reformen durchgeführt, um diese Zwischenfälle zu verhindern und ordnungsgemäße Ermittlungen in solchen Fällen zu gewährleisten. Diese Reformen schlossen u.a. die Änderung von Gesetzen, die Ausbildung und Schulung von Polizeikräften und eine neue Behörde ein, die polizeiliches Fehlverhalten überwacht und verhindert.

Insbesondere trat 2013 ein neues Gesetz zum Einsatz von Gewalt durch die Polizei in Kraft. Dieses Gesetz orientiert sich an der Rechtsprechung des EGMR und besagt, dass der Einsatz von Gewalt durch die Polizei verhältnismäßig und so begrenzt wie möglich sein muss und nur dann zulässig ist, wenn sie unvermeidbar ist.

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