I. I. gegen Bulgarien  | 2005

Mann erhielt dreimonatige Freiheitsstrafe für eine Straftat, die er nicht begangen hatte - sowie Reformen zum Schutz des Rechts auf Freiheit

… seine Gelenke schwollen an, und er hatte Schmerzen in seinen Knöcheln, und er konnte die Finger seiner rechten Hand nicht mehr bewegen.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Hintergrund

I.I. wurde einer Straftat beschuldigt, die er nicht begangen hatte, und in Untersuchungshaft genommen. Das Gericht, das seine Verhaftung anordnete, weigerte sich, den Sachverhalt des Falles zu prüfen, da es versäumte, Punkte in Zusammenhang mit der Frage, ob ausreichend Beweise gegen den Beschwerdeführer vorlagen, zu klären.

Die Haftanstalt, in der I.I. die Untersuchungshaft verbrachte, war überfüllt, und seine Zelle hatte kein Tageslicht oder Frischluft. Er schlief in einer 6m2 großen Zelle, die er mit zwei oder drei weiteren Insassen teilte, auf einer Holzpritsche. Es gab keine ordentliche Dusche oder Toilette, und er musste vor den Augen der anderen seine Notdurft in einen Eimer verrichten. I.I. litt außerdem unter einer Hauterkrankung, die äußerste Hygiene und Sonnenlicht erforderte. Seine Erkrankung verschlechterte sich sehr, und er entwickelt darüber hinaus auch ein Ekzem und Arthritis. Dessen ungeachtet wurde ihm eine ordentliche medizinische Versorgung verweigert.

Nach drei Monaten wurde die Anklage fallen gelassen und er wurde entlassen.

Urteil des EGMR

Der Straßburger Gerichtshof entschied, die Entscheidung, I.I. in Untersuchungshaft zu nehmen, sei getroffen worden, ohne zu prüfen, ob ausreichend Beweise gegen ihn vorlagen, und ohne andere relevante Argumente zu berücksichtigen, ob man ihm seine Freiheit entziehen sollte. Des Weiteren sei der Prozess nicht ordnungsgemäß unabhängig und unparteiisch erfolgt. Schließlich seien die Haftbedingungen, denen I.I. ausgesetzt gewesen sei, ungenügend gewesen.

Dies habe seine Grundrechte verletzt.

Nachbereitung

I.I. erhielt eine Entschädigung in Höhe von 4.000 Euro.

In Folge einer Reihe ähnlicher Fälle wurde das Recht in Bulgarien geändert, um das Recht auf Freiheit zu schützen. Umfassende Änderungen der Strafprozessordnung legen nun fest, eine Untersuchungshaft dürfe nur bei der realen Gefahr verhängt werden, dass der Beschuldigte flüchten oder erneut eine Straftat begehen könnte. Der Beschuldigte hat außerdem innerhalb von 72 Stunden das Recht auf Haftprüfung durch einen unabhängigen Richter.

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