Leszczak gegen Polen  | 2006

Nahezu dreijährige Freiheitsstrafe für eine Straftat, die er nicht begangen hatte – und Reformen zum Schutz der Freiheit

… die Gründe für die Untersuchungshaft des Beschwerdeführers waren nicht „ausreichend" und „relevant”, um eine Haftzeit von mehr als 2 Jahren und 10 Monaten zu rechtfertigen …

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, März 2006

Hintergrund

Andrzej Leszczak, den man fälschlicherweise des Mordes und des versuchten Einbruchs beschuldigte, verbrachte nahezu drei Jahre in Untersuchungshaft, bevor man ihn schließlich freisprach. Er hatte stets seine Unschuld beteuert und darauf bestanden, am Verfahren teilzunehmen, aber seine Anträge auf Haftentlassung vor seinem Verfahren wurden abgelehnt.

Urteil des EGMR

Der Straßburger Gerichtshof entschied, die polnischen Behörden hätten keine angemessenen Gründe für die Inhaftierung von Herrn Leszczak für mehr als zwei Jahre und zehn Monate gegeben. Seine Anträge auf Haftentlassung seien nicht ordnungsgemäß geprüft worden. Insbesondere seien keine anderen Methoden berücksichtigt worden, um seine Anwesenheit bei Gericht sicherzustellen. Dies bedeutete, dass Herr Leszczak nahezu drei Jahre unter Bedingungen verbrachte, die sein Recht auf Freiheit verletzt hätten.

Nachbereitung

Nach einer Reihe ähnlicher Fälle führte Polen umfangreiche Reformen durch, die zu einer massiven Reduktion der Verletzungen des Rechts auf Freiheit in Polen nach sich zogen. Diese Reformen schlossen u.a. ein:

  • Maßnahmen, um die Anwendung von Alternativen zur Untersuchungshaft in geeigneten Fällen zu erhöhen;
  • Rechtliche Änderungen, um eine maximale Dauer einer Untersuchungshaft festzulegen und die Entscheidungsfindung über die Notwendigkeit einer Untersuchungshaft zu verbessern;
  • Schulung von Richtern/Richterinnen und Staatsanwälten/-anwältinnen über den Schutz des Rechts auf Freiheit.
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