Daróczy gegen Ungarn  | 2008

Gerechtigkeit für ältere Witwe, die von der Regierung zu einer Namensänderung gezwungen wurde

...Namen sind zentraler Bestandteil der eigenen Identität und der Selbstbestimmung.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Juli 2008

Hintergrund

Tiborné Daróczy war 71 Jahre alt, als die Regierung sie zwang, ihren Namen zu ändern.

1950 hatte sie Tibor Ipoly Daróczy geheiratet und entschieden, den Vornamen ihres Mannes in Verbindung mit dem Suffix „-né”, in Bezugnahme auf ihre Heirat, zu verwenden. Ihr Name war als Tiborné Daróczy in allen ihren amtlichen Dokumenten aufgeführt, und sie hatte diesen Namen seit 50 Jahren in allen privaten und öffentlichen Belangen benutzt.

2004 wurde Frau Daróczy jedoch ein neuer Personalausweis ausgestellt. In diesem stand der Name Tibor Ipolyné Daróczy - das „né” war dem zweiten Vornamen ihres Mannes und nicht dem ersten Vornamen angehängt worden.

Frau Daróczy beschwerte sich beim Innenministerium und verlangte, dass ihr Name wieder geändert wurde. Man erklärte ihr jedoch, sie hätte den neuen Namen zu akzeptieren.

Frau Daróczys Ehemann war 1996 gestorben. Frau Daróczy bedeutete der Name Tiborné sehr viel und war mit ihrem verstorbenen Ehemann verbunden.

Sie erklärte, die erzwungene Namensänderung habe ihre Grundrechte verletzt.

Urteil des EGMR

Der Straßburger Gerichtshof entschied, die Entscheidung der Regierung, den Namen von Frau Daróczy zu ändern, sei in unzulässiger Weise rigide und habe ihre Interessen vollständig missachtet.

... das Gericht ist der Meinung, dass die Regierung Schritte ergreifen sollte, die persönliche Situation der Beschwerdeführerin richtig zu stellen und in offizieller Weise anzuerkennen, dass sie ihren lange bestehenden Namen Tiborné Daróczy behalten kann.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Juli 2008

Nachbereitung

2009 wurde das ungarische Gesetz geändert, um Personen, die sich in einer ähnlichen Lage wie Frau Daróczy befinden, zu ermöglichen, wieder den Namen anzunehmen, den sie zuvor hatten.

Zwei Wochen später erhielt Frau Daróczy ein amtliches Schreiben, in dem bestätigt wurde, sie könne wieder ihren alten Namen Tiborné Daróczy verwenden.

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