Ajdarić gegen Kroatien  | 2011

Reformen zum Recht auf ein faires Verfahren, nachdem unschuldiger Mann zu 40 Jahren Haft verurteilt wurde

Ich verließ das Gefängnis einen Tag vor meinem 60. Geburtstag. Am nächsten Tag gratulierte mir meine Tochter zum Geburtstag.
Ich sagte zu ihr: „Nicht heute; der war gestern."
Sie schaute mich verwundert an und sagte: „Aber heute ist der 7. Februar."
„Ja", sagte ich, „aber gestern, als ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, wurde ich neu geboren."

Neđo Ajdarić, zitiert in Jutarnji Vijesti, Februar 2013 - © Foto Nezavisne

Hintergrund

Neđo Ajdarić war 52, als er einem unfairen Verfahren unterzogen und fälschlicherweise wegen dreifachen Mordes zu 40 Jahren Haft verurteilt wurde.

Es gab keine Beweise, die Herrn Ajdarić mit dem Verbrechen in Verbindung brachten, bis ein emotional instabiler Häftling mit histrionischer Persönlichkeitsstörung erklärte, er habe Herrn Ajdarić und einen anderen Mann über die Morde sprechen hören. Ungeachtet offensichtlicher Widersprüche in der Zeugenaussage des Häftlings, seines instabilen geistigen Zustands und des Fehlens weiterer Informationen, die Herrn Ajdarić mit dem Verbrechen verbunden hätten, verurteilte das Gericht ihn.

Urteil des EGMR

Der Europäische Gerichtshof stellte fest, der Häftling hätte eine histrionische Persönlichkeitsstörung gehabt und andere Zeugen hätten diesem widersprochen. Er erklärte, seine Aussage hätte nicht zur Verurteilung von Herrn Ajdarić führen dürfen. Unter diesen Umständen habe das Verfahren das Recht von Herrn Ajdarić auf ein faires Verfahren verletzt.

Nachbereitung

Das Verfassungsgericht änderte seine Rechtsprechung, um die Notwendigkeit für Gerichte zu unterstreichen, Beweise in Gerichtsverfahren ordnungsgemäß zu prüfen und die Argumente des Angeklagten gebührend zu würdigen.

Herr Ajdarićs Fall wurde wiederaufgenommen und er wurde frei gelassen.

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