Doğan und andere gegen die Türkei  | 2004

Neue Entschädigungsregelungen, nachdem Dorfbewohner gezwungen wurden, ihr Zuhause aufzugeben und in extremer Armut zu leben

Hintergrund

Bis 1994 lebte eine Gruppe von Dorfbewohnern in Boydaş, einer kleinen Ansiedlung im Südosten der Türkei. Sie wurden vom Staat aus ihren Häusern vertrieben und man verweigerte ihnen nahezu zehn Jahre lang die Rückkehr. Die Dorfbewohner erhielten kein Geld oder Ersatzunterkünfte, und sie lebten in extremer Armut. Die Zwangsräumung war angeblich zum Zweck der Terrorismusbekämpfung erfolgt.

Der Fall der Bewohner von Boydaş lenkte die Aufmerksamkeit auf ein weitverbreitetes Problem im Südosten der Türkei: 1.500 ähnlich gelagerte Fälle wurden beim Straßburger Gerichtshof eingereicht.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof erkannte an, die Bedrohung durch Terrorismus habe bedeutet, dass die türkischen Stellen außergewöhnliche Maßnahmen ergreifen mussten, einschließlich des beschränkten Zugangs zu bestimmten Dörfern. Die Regierung habe allerdings auch die Pflicht, den Dorfbewohnern zu ermöglichen, in ihre Häuser zurückzukehren oder sich an einem anderen Ort anzusiedeln. Den Dorfbewohnern sei jedoch für nahezu ein Jahrzehnt die Rückkehr verweigert worden, sie hätten in extremer Armut gelebt und hätten von der Regierung keinerlei Mittel erhalten. Es habe auch keine Gesetze gegeben, die ihnen einen Anspruch auf Entschädigung einräumten.

Der Gerichtshof erklärte, dies habe das Recht auf Achtung des Eigentums, des Familienlebens und der Wohnung verletzt.

Nachbereitung

Ein neues Gesetz führte eine Entschädigung für Schäden ein, die durch Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung entstehen. Dieses Gesetz schließt auch Eigentum ein, das nicht mehr zugänglich ist oder zerstört wird, sowie Verletzungen, bleibende Schäden und Todesfälle.

Die Dorfbewohner von Boydaş erhielten eine Entschädigung.

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