Godelli gegen Italien |2013

Frau erstreitet sich Recht, etwas über ihre Herkunft zu erfahren

Ich konnte die Geschichte meines Lebens nachvollziehen und eine klareres Bild davon zeichnen, und endlich fühle ich mich nicht mehr leer oder im Ungewissen, wenn ich an meine Herkunft denke, daran, wer ich bin.

Anita Godelli - © Photo Council of Europe - © Foto Europarat

Hintergrund

Anita Godelli lernte ihre Mutter nie kennen. Sie wurde nach der Geburt verlassen, kam in ein Waisenhaus und wurde dann von einer Pflegefamilie aufgenommen.

Im Alter von zehn Jahren erfuhr Godelli, dass sie adoptiert ist. Sie fragte ihre Adoptiveltern nach ihrer leiblichen Mutter, doch sie erzählten Godelli nichts.

Godellis schwierige Kindheit wurde dadurch verschlimmert, dass sie nichts über ihre Herkunft herausfinden konnte.

Erst nach dem Tod ihrer Adoptiveltern ersuchte Godelli, die zu dieser Zeit bereits alt war, das örtliche Standesamt um Auskunft. Sie erhielt eine Kopie ihrer Geburtsurkunde, doch sie enthielt nicht den Namen ihrer leiblichen Mutter.

Nachdem sie den Rechtsweg eingeschlagen hatte, erfuhr Godelli, dass das italienische Recht ihr den Zugang zu Informationen über ihre Herkunft verbietet, weil ihre biologische Mutter ihre Identität bei der Entbindung geheim halten wollte. 

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass das einschlägige italienische Gesetz kein angemessenes Gleichgewicht herstellte zwischen Godellis Recht auf Zugang zu Informationen über ihre Herkunft auf der einen Seite und dem Recht ihrer leiblichen Mutter auf Anonymität, dem Vorrang gegeben wurde, auf der anderen Seite.

Italien verstieß gegen Godellis Rechte.

Folgemaßnahmen 

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in ihrem Fall konnte Anita Godelli in Italien einen Gerichtsbeschluss erwirken, der es ihr gestattete, die Identität ihrer leiblichen Mutter zu erfahren.

Im Jahr 2013 erklärte Italiens Verfassungsgericht den entsprechenden Teil des Gesetzes für verfassungswidrig.

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