Mikulić gegen Kroatien  | 2002

Kind konnte 5 Jahre lang nicht die Identität seines Vaters aufdecken - und Reformen zum Schutz der Rechte von Kindern

Nach Meinung des Gerichtshofs haben Personen, die sich in der Situation der Beschwerdeführerin befinden, ein vitales Interesse daran, welches durch die Konvention geschützt ist, Informationen zu erlangen, die erforderlich sind, um die Wahrheit über einen wichtigen Aspekt ihrer persönlichen Identität zu erfahren.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Februar 2002

Hintergrund

Ein Kind war unehelich zur Welt gekommen. Die Mutter wandte sich an die Gerichte, um feststellen zu lassen, dass ein bestimmter Mann der Vater war. Das Verfahren dauerte jedoch aufgrund rechtlicher Verzögerungen und der Weigerung des Vaters, seine DNA testen zu lassen, über fünf Jahre.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof stellte fest, das kroatische Recht habe den Vater nicht verpflichtet, einen Vaterschaftstest zu machen. Des Weiteren seien die kroatischen Gerichte nicht verpflichtet gewesen, die Weigerung des Vaters bei der Feststellung der Vaterschaft mit anderen Mitteln zu berücksichtigen. Dies habe es dem Kind für lange Zeit unmöglich gemacht, herauszufinden wer sein Vater war, wodurch es keinen elterlichen Unterhalt erhalten habe und es bezüglich seiner persönlichen Identität im Ungewissen gelassen und sein Recht auf Familienleben verletzt worden sei.

Nachbereitung

Gesetzesänderungen im Jahr 2003 verpflichten Personen zu einem Mutterschafts- bzw. Vaterschaftstest innerhalb von drei Monaten nach Anordnung. Die Weigerung, diesen Test zu machen, wird als Beweis zugunsten der Gegenpartei in einem Rechtsstreit um die Elternschaft ausgelegt.

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