Kopp gegen Schweiz  | 1998

Privatleben wurde gestärkt, nachdem Telefonate eines Anwalts abgehört wurden

Herr Kopp … erhielt nicht den Mindestschutz, der in demokratischen Gesellschaften von der Rechtsstaatlichkeit gefordert wird.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 25. März 1998 - © Foto Lys Wiedmer-Zingg

Hintergrund

Hans Kopp war Anwalt. Die Behörden hörten während einer Ermittlung gegen seine Frau die Telefone seiner Kanzlei ab. Die Ermittlungen erbrachten keine Beweise für ein Fehlverhalten. Die Behörden hatten jedoch vertrauliche Rechtsgespräche zwischen Herrn Kopp, seinen Kanzleipartnern und seinen Klienten aufgenommen. Herr Kopp beschwerte sich, dies habe, bedenke man die Notwendigkeit, Rechtsgespräche vertraulich zu behandeln, seine Rechte und die Rechte seiner Klienten verletzt.

Urteil des EGMR

Schweizer Recht legte nicht eindeutig fest, welche Gespräche eines Rechtsanwalts und seiner Klienten die Behörden abhören durften, und beschrieb auch kein Verfahren, dies von einem Richter beaufsichtigen zu lassen. Die Regierung habe einen zu großen Ermessensspielraum gehabt, vertrauliche Gespräche abzuhören, und dies habe das Recht von Herrn Kopp auf Privatleben verletzt.

Nachbereitung

2000 wurde ein neues Gesetz zur Telefonüberwachung verabschiedet. Dieses legt eindeutig fest, wann Telefonate abgehört werden dürfen, klärt Umfang und Organisation der Überwachung und nennt die Verfahren, die eingehalten werden müssen. Es schließt besonderen Schutz für Personen ein, die einer beruflichen Schweigepflicht unterliegen. 

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