Micallef gegen Malta  | 2009

Fall unterstreicht die Notwendigkeit, die Unparteilichkeit von Richtern zu schützen

Die engen familiären Beziehungen zwischen dem Anwalt der Gegenpartei und dem vorsitzenden Richter sind ausreichend, um objektiv die Befürchtung zu rechtfertigen, dem vorsitzendem Richter fehle die Unparteilichkeit.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 15. Oktober 2009

Hintergrund

Frau M war Partei zu einem Rechtsstreit mit ihrem Nachbarn. Der vorsitzende Richter bei Gericht war der Bruder und Onkel von zwei der Anwälte, die ihren Nachbarn in diesem Fall vertraten. Das Gericht entschied gegen Frau M und zugunsten des Nachbarn. Frau M beschwerte sich, das Gericht sei befangen gewesen.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof entschied, die engen familiären Beziehungen zwischen den Anwälten der Gegenpartei und dem vorsitzenden Richter hätten die Befürchtung gerechtfertigt, dem Richter fehle die Unparteilichkeit. Dies habe das Recht von Frau M auf ein faires Verfahren verletzt.

Der Gerichtshof stellte fest, laut maltesischem Recht zu dieser Zeit habe es keine automatische Pflicht für Richter gegeben, sich von Fällen zurückzuziehen, bei denen die Unparteilichkeit in Zweifel stand. Es habe außerdem keine Möglichkeit für eine Person gegeben, zu beantragen, einen Richter von einem Fall abzuziehen, wenn er mit den Anwälten der Gegenpartei verwandt war.

Nachbereitung

Nachdem die Beschwerde beim Straßburger Gerichtshof eingereicht wurde, wurde das maltesische Recht geändert. Es ermöglicht nun, einen Richter/eine Richterin für befangen zu erklären oder von einem Fall abzuziehen, wenn einer der Rechtsvertreter in einem engen Verwandtschaftsverhältnis zu ihm/ihr steht.

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