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Es gilt das gesprochene Wort
Rede von René van der Linden, Präsident der Parlamentarischen Versammlung:
Es wäre wahrlich sehr schwer, einen besseren Ort für das erste Gipfeltreffen aller europäischen Staaten zu finden als Warschau.
Eine Stadt, die zum Symbol für die Schrecken des Zweiten Weltkriegs geworden ist.
Eine Stadt, die dann zum Zeugen jenes Wandels wurde, der die Teilung unseres Kontinents schließlich beendete.
Eine Stadt, die heute zum ersten Mal in der Geschichte ein geeintes Europa zu Gast hat.
Ein Europa, geeint durch die Macht gemeinsamer Werte, und nicht durch Waffengewalt.
Jahrhunderte hindurch bemühten sich die unterschiedlichsten Ideologien um die Vorherrschaft in Europa. Heute ist klar, wer der Sieger ist: die Freiheit, in Form von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit.
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Der Europarat hat in erstaunlich kurzer Zeit nach dem Fall der Berliner Mauer sehr viel erreicht.
Die Werte, die wir hochhalten, bilden die Grundlage für Frieden, Stabilität und Wohlstand auf unserem Kontinent.
Wir müssen jenen helfen, die unsere Standards noch nicht zur Gänze haben umsetzen können, oder ihre eingegangenen Verpflichtungen noch nicht zur Gänze haben erfüllen können. Und wir müssen auf jene Druck ausüben, die, obwohl dazu in der Lage, dies noch nicht getan haben.
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Europa sollte geeint sein, alle 800 Millionen Bürger unseres Kontinents sollten die selben Rechte und Freiheiten genießen können.
An oberster Stelle steht dabei das Recht auf Leben.
Niemand darf heute in Europa Konflikte mit Gewalt zu lösen versuchen. Das können wir nicht akzeptieren.
Darüber hinaus müssen die Europäer gegen jede Art von Fanatikern geschützt werden, die gegen unsere Schulen, Häuser und Züge Bombenanschläge verüben. Der Kampf gegen den Terrorismus muss zu unseren Prioritäten gehören.
Ich glaube jedoch nicht an die Theorie des Zusammenpralls der Zivilisationen.
Es gibt nur einen Zusammenprall zwischen Zivilisation und Barbarei.
Deshalb benötigen wir einen verstärkt geführten Dialog zwischen den Kulturen und zwischen den Religionen, der auf der Arbeit aufbaut, die wir bei der Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit bereits geleistet haben.
Der Europarat und seine Parlamentarische Versammlung mit ihren mehr als 630 direkt gewählten Volksvertretern bilden das ideale Forum für diesen Dialog.
In der Demokratieerziehung und im Weitergeben unserer zentralen Werte sollte eine der Schlüsselkomponenten unserer Bemühungen liegen.
Das gilt auch für das Recht auf freie Meinungsäußerung, das leider auch in so manchem Mitgliedsstaat des Europarates noch in Gefahr ist.
Verfolgung und Verhaftung aus politischen Gründen dürfen im heutigen Europa ganz einfach nicht mehr existieren.
Unsere Werte begnügen sich nicht mit Erklärungen.
Sie sind in Konventionen eingebunden.
Mehr als ein Drittel dieser Konventionen haben ihren Ursprung in der Parlamentarischen Versammlung.
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Die größten Herausforderungen, denen der Europarat in den kommenden Jahren gegenüber stehen wird, sind aus meiner Sicht die folgenden:
Erstens: die praktische Umsetzung unserer Werte im Alltag unserer Bürger gewährleisten.
Dazu gehört das Recht auf ein Leben in Würde, ein Recht, das so in keiner Konvention steht, für mich aber von grundlegender Bedeutung ist.
Zweitens: sicherstellen, dass alle unsere Standards und Normen von allen in gleicher Weise beachtet werden. Es darf nicht zweierlei Maß geben.
Drittens: ein gemeinsames gesetzliches Rahmenwerk für ganz Europa schaffen. Durch Europa dürfen keine Trennlinien mehr verlaufen.
Viertens: Wir müssen unsere Bürger besser überzeugen. Wir müssen auf ihre Bedürfnisse eingehen.
Deshalb müssen wir die parlamentarische Seite unserer Arbeit verstärken und vertiefen, und noch enger mit der Zivilgesellschaft zusammen arbeiten.
Fünftens: unsere wichtigste Konvention, die Europäische Menschenrechtskonvention, ist ernsthaft in Gefahr, weil der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vom Ansturm der Eingaben überfordert ist.
Wir müssen ihn vor dem Zusammenbruch bewahren.
Und zum letzten: Wir müssen jede Doppelgleisigkeit und jede Verschwendung von Geldern vermeiden.
Der Europarat ist das Europäische Haus für alle europäischen Nationen und ihre 800 Millionen Bürger, hoffentlich auch schon bald für Belarus.
Wir werden kein besseres, kosteneffektiveres und auf unseren gemeinsamen Werten basierendes Instrument zur Stärkung der europäischen Einheit finden als den Europarat.
Die Beschlüsse, die sie hier fassen werden, können uns in die Lage versetzen, diesen Herausforderungen zu begegnen – wenn SIE den dazu nötigen politischen Willen aufbringen.