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(Es gilt das gesprochene Wort)

Begrüßungsrede des Generalsekretärs des Europarates Terry Davis vor dem Jugendgipfel

„Ja zur Verantwortung, nein zur Gleichgültigkeit“

Warschau, 15 Mai 2005

Sehr geehrte Minister,
Sehr geehrter Präsident des Kongresses,
Sehr geehrter Vize-Präsidentin des Europäischen Jugendforums,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich habe seit meiner Kindheit miterlebt, wie sich unser Kontinent auf dem fast ständig Konflikte herrschten, zu einer Region entwickelt hat, in der Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit unumstößlich sind.

Ich will damit nicht sagen, dass dieser Wandel immer einfach und reibungslos verlief. Sogar noch während der letzten 15 Jahre war Europa Zeuge schrecklicher Kriege und Gräueltaten auf dem Balkan, im Südkaukasus und in der Russischen Föderation. Dennoch haben wir enorme Fortschritte gemacht.

Noch vor nicht allzu langer Zeit war Europa ein geteilter Kontinent. Und dennoch scheint es heute völlig normal zu sein, dass sich junge Leute aus allen Teilen Europas unter einem Dach versammeln, sich zu denselben Grundwerten bekennen und dieselben Erwartungen haben. Die Wurzeln der europäischen Einheit, die durch die gemeinsame Kultur unterstützt werden, gehen tiefer als die Wurzeln der politischen Teilungen.

Den Anstoß zur Schaffung eines geeinten Europas gab ursprünglich die Tragödie des Zweiten Weltkrieges und die damit einhergehende Zerstörung. Das war vor 60 Jahren. Jetzt ist unsere Motivation eine andere – nämlich die, eine von unseren Werten bestimmte Zukunft zu schaffen.

Von Soziologen hören wir, dass sich die jungen Menschen heutzutage mehr für persönliche Freiheit, Verantwortung und globale Solidarität interessieren als für die Feinheiten der Politik; dass sie lieber sämtliche Möglichkeiten der Selbstverwirklichung austesten als sich um materielle Sicherheit zu kümmern; dass die Jugend heute eine Generation ist, die sich lieber locker organisierten Gruppen und Nicht-Regierungsorganisationen anschließt als Mitglied in traditionellen Einrichtungen zu werden und am Demokratisierungsprozess teilzunehmen. In den vergangenen Jahren hat sich die Demokratie auf unserem gesamten Kontinent verbreitet und ist nun dabei, langsam die ganze Welt zu erfassen. Aber wenn wir Demokratie für selbstverständlich halten, uns nicht aktiv dafür einsetzen, also „außen vor“ bleiben, weil wir desillusioniert sind oder mangelndes Interesse haben, schwächen wir damit die Grundpfeiler der Demokratie empfindlich.

Aktive Teilnahme ist der Schlüssel für eine gesunde Demokratie und verleiht allen Menschen, egal welchen Alters, Macht. Jedoch befasst sich vor allem die ältere Generation mit den Themen, die gegenwärtig in unserer Gesellschaft wichtig sind. Das ist nicht neu. Es war schon immer so. Deswegen glaube ich, dass eine der Hauptaufgaben des Europarates darin besteht, die Erziehung zur demokratischen Staatsbürgerschaft zu fördern und zu unterstützen und die notwendigen Bedingungen zu schaffen, die die Teilnahme eines jeden, auch der jungen Leute, am öffentlichen Leben ermöglicht. Insbesondere müssen wir die Menschen, vor allem junge Menschen mit Behinderungen, dazu ermutigen, sich auf lokaler Ebene, an der Basis, zu engagieren, denn dort ist das Engagement oft am wirkungsvollsten.

In den vergangenen Monaten waren es vor alle die jungen Menschen, die in Georgien und in der Ukraine die Demokratiebewegung ins Rollen brachten. Die Tatsache, dass Sie heute hier sind, macht Ihr Engagement deutlich. Sie sind hier, weil Sie Verantwortung übernehmen und damit können Sie die Dinge verändern.

Die drei Hauptthemen auf der Tagesordnung des Jugendgipfels sind Rassismus und Intoleranz, die Zukunft Europas und notwendige Instrumente, um den Menschen Gehör zu verschaffen. Es war richtig, im Rahmen des Europarats-Gipfels über diese Themen zu sprechen; nicht nur weil dieser Gipfel ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer größeren europäischen Einheit ist, sondern auch weil so die Meinungen und Erkenntnisse der jungen Leute beim Europarat direkt gehört werden.

Schon lange vor dem Fall der Berliner Mauer hat sich der Europarat den osteuropäischen Ländern geöffnet und Programme zur Zusammenarbeit zwischen jungen Menschen ins Leben gerufen, er hat dabei geholfen, Vertrauen zu schaffen und er hat die gemeinsamen Wünsche der Bürger Europas deutlich gemacht.

Heute tragen unsere multikulturellen Jungendaktivitäten zur Konfliktbewältigung bei, und fördern den interkulturellen Dialog zwischen jungen Menschen in Europa und weit darüber hinaus. Diese Jugendaktivitäten bilden die Grundlage für dauerhaften Frieden.

Es sind die jungen Menschen, die den Europarat dazu drängen, Themen wie Globalisierung, demokratische Teilnahme und das Anerkennen der kulturellen Vielfalt als Grundlage der europäischen Gesellschaften auf seine Tagesordnung zu setzen.

Diese Rolle als Wegbereiter kommt bei der Durchführung der Europäischen Jugendkampagne für Vielfalt und Teilnahme voll zum Tragen. Ich stehe überzeugt hinter dieser wichtigen Initiative, da in Europa Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und die Angst vor dem Islam bösartige Geschwüre bleiben, die sich jederzeit verbreiten können. Ich erwarte, dass Ihre Kampagne auch bei den Staats- und Regierungschefs des Gipfels volle Unterstützung findet.

„Alle anders – alle gleich“ war das vor zehn Jahren gewählte Motto der damaligen Kampagne des Europarates gegen Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz. Man kann es nicht kürzer und deutlicher ausdrücken: Alle Menschen sind anders hinsichtlich ihrer Individualität, ihrer Talente, ihrer Begabungen und ihres Potentials, sie sind aber alle gleich hinsichtlich der Menschenrechte.

Um diese Gleichheit in der Praxis umzusetzen und um die positiven Energien der jungen Menschen zu mobilisieren, muss die öffentliche Jugendpolitik eine Chancengleichheit schaffen und erhalten, mit anderen Worten: Zugang zu Bildung, Zugang zu Kultur, Zugang zu Staatsbürgerschaft, Zugang zu Arbeitsplätzen schaffen und dabei junge Frauen mit einbeziehen, Minderheiten mit einbeziehen, junge Menschen mit Behinderungen mit einbeziehen und junge Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, mit einbeziehen.

Junge Menschen werden von den Behörden oft als ‚werdende Staatsbürger’ betrachtet. Für den Europarat sind junge Menschen Partner bei der Schaffung eines neuen Europas. Unser einzigartiges Modell der Zusammenarbeit und gemeinsamen Entscheidungsfindung, das Regierungsvertreter und Vertreter der Jugend auf gleicher Ebene mit einbezieht, hat sich als wirksame Methode erwiesen, die die Teilnahme junger Menschen an der Politik gewährleistet. Ich möchte betonen, dass im Europarat junge Menschen Politik mitgestalten und politische Entscheidungen nicht über ihre Köpfe hinweg getroffen werden.

Der großartige polnische Schriftsteller Stanislaw Lem schrieb einmal „Ein Traum wird immer über die Realität siegen, wenn man ihm nur die Chance dazu gibt“. Ich möchte Sie ermutigen, Ihre Chance zu ergreifen, seien Sie Träumer und Idealisten, schaffen Sie sich Ihre eigene Vision von Europa und fordern Sie damit die Staats- und Regierungschefs immer wieder aufs Neue heraus.