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(Es gilt das gesprochene Wort)

Rede von Terry Davis, Generalsekretär des Europarates

Außerordentliches Treffen des Verbindungsausschusses der Internationalen Nichtregierungsorganisationen (INGOs) mit mitwirkendem Status beim Europarat

Warschauer Universität, 14. Mai 2005

Sehr geehrter Herr Rektor, Sehr geehrter Stellvertretender Rektor,
Sehr geehrte Herr Minister,
sehr geehrter Stellvertretender Minister,
Sehr geehrte Frau Vorsitzende der Konferenz der Internationalen Nichtregierungsorganisationen,
Meine Damen und Herren des Verbindungsausschusses,
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der nationalen Nichtregierungsorganisationen,

Es ist mir eine große Freude, meinen Aufenthalt in Warschau – der, wie Sie sich vorstellen können, sehr ereignisreich sein wird – mit einer Rede vor Vertretern der Zivilgesellschaft beginnen zu können. Während der 28 Jahre meiner Tätigkeit als Abgeordneter des britischen Parlaments fand ich Begegnungen mit Bürgern und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen stets besonders erfrischend. Was ich an den NGO-Mitgliedern immer schon geschätzt habe, ist ihre Offenheit, ihr Realitätssinn und ihr echtes Engagement für die von ihren Organisationen vertretenen Werte und Anliegen.

Wie ich weiß, ist diese Versammlung des Verbindungsausschusses der internationalen NGOs mit mitwirkendem Status beim Europarat in zweierlei Hinsicht außergewöhnlich: einerseits inhaltlich, und andererseits bezüglich der Zusammensetzung der Teilnehmer. Des Weiteren glaube ich, dass auch die Wahl von Zeit und Ort diese Versammlung zu einer ganz außergewöhnlichen ihrer Art machen. Sie halten Ihre Tagung in Warschau ab, einer modernen, aus den Trümmern des Kriegs erstandenen Stadt, und das am Vorabend des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs des Europarates. Damit beweisen Sie, wie sehr Sie sich dem Ziel eines friedlichen, geeinten und demokratischen Europas verpflichtet fühlen, und Sie bekräftigen damit gleichzeitig Ihre Unterstützung des Europarates im Allgemeinen und dieses bevorstehenden wichtigen Ereignisses im Besondern.

Sie haben diese Unterstützung bereits in Ihrem schriftlichen Beitrag zum Gipfeltreffen zum Ausdruck gebracht. Sie werden auch bei einer weitern Gelegenheit Ihrer Stimme Gehör verschaffen können, nämlich wenn Ihre Vorsitzende, Frau Annelise Oeschger, Ihre Botschaft im Rahmen des Gipfels an die teilnehmenden Staats- und Regierungschefs richten wird. Dass zum ersten Mal Nichtregierungsorganisationen auf einem Gipfeltreffen offiziell zu Wort kommen ist nicht nur an sich schon etwas Außergewöhnliches, sondern auch Beweis dafür, dass die Nichtregierungsorganisationen mit Gewährung des mitwirkenden Status im Europarat nunmehr auch anders wahrgenommen und behandelt werden.

Das Thema dieser Tagung des Verbindungsausschusses ist ein eindeutiges Bekenntnis zu Ihren Prioritäten und Beweggründen: „Ein Europa ohne Trennlinien, ein Europa der Solidarität“. Diese Prinzipien sind auch die Meinen. Sie bilden die Basis des Aktionsplans, der von den Staats- und Regierungschefs beschlossen werden soll. Wir alle erwarten uns von diesem Aktionsplan konkrete Vorschläge zur Förderung unserer zentralen Werte, zur Schaffung eines menschlicheren und noch umfassenderen Europas, und zur Stärkung der Stellung des Europarates als wichtiger Stützpfeiler des europäischen Gefüges des 21. Jahrhunderts.

Ich erwarte, dass die Nichtregierungsorganisationen im Aktionsplan namentlich als Partner Erwähnung finden. In der Tat werden NGOs bei der praktischen Umsetzung großer Teile des Aktionsplans eine unentbehrliche Rolle zu spielen haben, insbesondere bei Einsätzen vor Ort, bei der Umsetzung von Standards, sowie bei der Beurteilung und Feststellung des Erreichens von Zielvorgaben.

Ihre Unterstützung wird entscheidend dafür sein, ob der Europarat seinen Auftrag als Hüter der Menschenrechte, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der kulturellen Vielfalt erfolgreich erfüllen kann.

Wir stellen sehr hohe Erwartungen an Sie, und ich muss dazu feststellen, dass die Institutionen des Europarates etwas mehr zur Erleichterung Ihrer Arbeit beitragen könnten. Heute, so berichtet man mir, geht es Ihnen vor allem darum, der politischen Rolle der Konferenz der internationalen Nichtregierungsorganisationen innerhalb des Europarates verstärkte Anerkennung zu verschaffen, und noch mehr Bürger in ganz Europa zu erreichen.

Ich möchte an Hand einiger Gedanken erläutern, wie ich mir die weitere Entwicklung unserer Partnerschaft wünsche. Dazu werde ich drei Beispiele aus Bereichen herausgreifen, in denen uns eine engere Zusammenarbeit zwischen dem Europarat und den Nichtregierungsorganisationen bei der Erreichung unserer gemeinsamen Ziele helfen könnte:

1.      Gestaltung der europäischen Demokratie,

2.      Förderung der sozialen Gerechtigkeit,

3.      Schaffung eines geeinten Europas ohne Trennlinien.

1.      Gestaltung der Europäischen Demokratie

Der Entwurf des Aktionsplans, der auf dem Gipfel beschlossen werden soll, sieht die Schaffung eines Europäischen Forums für die Zukunft der Demokratie vor, das dazu beitragen soll, Demokratie, politische Freiheiten und Bürgerbeteiligung zu stärken. Das Forum wird es ermöglichen, Ideen und Möglichkeiten auszutauschen, wie Reaktionsfähigkeit, Transparenz und Verantwortlichkeit demokratischer Institutionen verbessert werden kann. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird sich das Forum mit Formen der partizipativen Demokratie beschäftigen, die es möglich machen, die Bürger fester in öffentliche Entscheidungsprozesse einzubinden.

Viele der Organisationen, die Sie hier vertreten, verfügen bereits über reiche Erfahrung bei der Förderung der partizipativen Demokratie: als Verfechter der Rechte derer, deren Stimme all zu oft von den Politikern nicht gehört wird. Ich denke dabei an Kinder, ältere Menschen, Minderheiten, Menschen in Armut und Ausgegrenzte. Und Sie haben auch Erfahrung als Verfechter einer ausgewogenen Beteiligung von Männern und Frauen am politischen und öffentlichen Leben.

Ich lade Sie ein, Ihre Erfahrung in das Forum für die Zukunft der Demokratie einzubringen. Alle Überlegungen werden davon profitieren, und es werden auch Einblicke ermöglicht, wie NGOs bereits jetzt und auch in Zukunft die Teilnahme einfacher Bürger an demokratischen Prozessen unterstützen.

    2. Förderung der sozialen Gerechtigkeit

Nichtregierungsorganisationen blicken in der Sozialpolitik auf eine lange Tradition der Zusammenarbeit mit dem Europarat zurück. Zwei unserer Themengruppen konzentrieren sich auf diese Fragen, eine im Zusammenhang mit der Europäischen Sozialcharta, und eine weitere im Zusammenhang mit einer der größten Herausforderungen, denen sich europäische Gesellschaften gegenüber sehen, nämlich der Ausrottung der Armut. Es ist wesentlich, dass nur internationale NGOs mit mitwirkendem Status beim Europarat unter der Europäischen Sozialcharta in ihrer revidierten Fassung auch Kollektivbeschwerden einbringen können: das eröffnet viele Möglichkeiten, bedeutet aber auch eine große Verantwortung.

In Ihrem schriftlichen Beitrag zum Gipfeltreffen befürworten Sie die Aufnahme von Artikel 30 der revidierten Europäischen Sozialcharta, der das Recht auf Schutz vor Armut und sozialem Ausschluss betrifft, in die Kernbestimmungen, aus denen die einzelnen Staaten jene sechs auswählen müssen, durch die sie dann an die Charta gebunden sind. Das Ministerkomitee hat in Beantwortung einer Empfehlung des Kongresses der Gemeinden und Regionen zugesagt, dieses Vorhaben zu unterstützen.

Hier sehe ich eine große Aufgabe für alle Nichtregierungsorganisationen.

Die Vertreter der Arbeitsgruppen Sozialcharta und Armut im Europäischen Ausschuss für sozialen Zusammenhalt können diesen Punkt weiter verfolgen, wurde der Ausschuss doch vom Ministerkomitee eingeladen, diese Empfehlung im Zusammenhang mit der Arbeit zu Fragen des Zugangs zu den Sozialrechten zu berücksichtigen.

Als einzelne Organisationen können sie in den europäischen Hauptstädten sogar noch aktiver werden. Erst 19 Staaten haben die revidierte Sozialcharta ratifiziert, und davon haben wiederum nur zehn den Artikel 30 übernommen. Deshalb appelliere ich an Sie, in den Hauptstädten unserer Mitgliedsstaaten für die Ratifizierung der Europäischen Sozialcharta in ihrer revidierten Fassung zu werben, und sich dafür einzusetzen, dass die Staaten einer verpflichtenden Bindung durch Artikel 30 zustimmen mögen. Dazu wird es auch vieler bewusstseinsbildender Maßnahmen bedürfen, die auf die breite Öffentlichkeit abgestimmt sind.

3.      Schaffung eines geeinten Europas ohne Trennlinien

Das Gipfeltreffen wird die wesentliche Rolle des Europarates für den europäischen Integrationsprozess betonen und auf seinen speziellen Beitrag zur Schaffung eines Europas ohne Trennlinien verweisen.

Es ist mir ein großes Anliegen, Ihren Beitrag zum Erreichen dieses Ziels gebührend zu würdigen. Seit einigen Jahren veranstalten Sie nun schon Arbeitsbesuche von Vertretern von Nichtregierungsorganisationen aus Mittel- und Osteuropa beim Europarat. Die heutige Tagung ist eine erweiterte Tagung, an der auch Vertreter nationaler NGOs aus einem breiten Querschnitt von Mitgliedsstaaten teilnehmen.

Seien wir ehrlich: wenn ich die Herkunftsländer der NGO-Vertreter bei der heutigen Versammlung in Warschau mit dem Verzeichnis der Mitglieder des Verbindungsausschusses der Internationalen Nichtregierungsorganisationen vergleiche, dann ist augenscheinlich, dass die heute vertretene Gruppe viel repräsentativer für die europäische Zivilgesellschaft ist als der Verbindungsausschuss. Ich möchte Sie deshalb dazu anhalten, den Verbindungsausschuss in ein gesamteuropäisches Gremium umzuwandeln. Dazu sollten Sie an die Zentrale der internationalen NGOs mit der Bitte herantreten, sie möge Mitglieder aus ihren mittel- und osteuropäischen Ablegern zu den Sitzungen nach Straßburg entsenden, und gleichzeitig die internationalen NGOs mit Sitz in Mittel- und Osteuropa einladen, für die kommenden Wahlen des Verbindungsausschusses im Januar 2006 Kandidaten aufzustellen.

Die Schaffung eines Europas ohne Trennlinien heißt auch, dass dieselben Menschenrechtsstandards, im Besonderen die Europäische Menschenrechtskonvention, in allen Mitgliedsländern gelten, egal ob sie nun auch Mitglieder der Europäischen Union sind oder nicht.

Ich darf Sie daher bitten, sich mit vereinten Kräften mit dem Europarat darum zu bemühen, dass die Europäische Union nach Inkrafttreten des Verfassungsvertrags möglichst bald auch der Europäischen Menschenrechtskonvention beitritt. Ich wäre Ihnen auch sehr für Ihre Unterstützung dafür dankbar, dass gewährleistet ist, dass die künftige EU-Grundrechteagentur zu mehr Kohärenz bei Menschenrechtsstandards und ihrer Umsetzung beiträgt.

Ich weiß, dass viele internationale Nichtregierungsorganisationen über Büros in Brüssel verfügen. Deshalb appelliere ich an Sie, den Europarat in Menschenrechtsangelegenheiten zu unterstützen, indem sie mit Ihren Kollegen in Brüssel zusammenarbeiten.

Schließlich wünsche ich Ihnen, Ihre Versammlung hier in Warschau möge die wichtigsten Elemente Ihres mehrjährigen Arbeitsprogramms festlegen, damit Sie in Ihrer Arbeit alle gesteckten Ziele erreichen können. Ich freue mich schon jetzt auf unsere nächsten Diskussionen, wenn wir wieder in Straßburg sind. In der Tat würde ich Sie gerne während der Junisitzung zu einem Meinungsaustausch treffen, in dem es um ihren individuellen und gemeinsamen Beitrag zur Umsetzung des auf dem Warschauer Gipfeltreffen beschlossenen Aktionsplans gehen soll.

Es wartet viel Arbeit auf uns. Gemeinsam können wir es schaffen.