Es gilt das gesprochene Wort

Rede von Giovanni Di Stasi, Präsident des Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarates

Warschau, 17. Mai 2005

Sehr geehrter Präsident,
sehr geehrte Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren,

Ich habe gestern in meiner Rede die Bedeutung der lokalen und regionalen Selbstverwaltung für das Fortbestehen unserer gesunden demokratischen Gesellschaften betont. Sie haben diese Sitzung heute der Struktur Europas, dem Aufbau Europas und der Rolle der verschiedenen Organisationen, die Teil Europas sind, gewidmet. Ich möchte nun darauf eingehen, welchen Beitrag der Kongress in diesem Zusammenhang leisten will, wie er vor allem zum Aufbau Europas beiträgt.

Mittels der Charta der lokalen Selbstverwaltung haben wir das Subsidiaritätsprinzip erhalten, da dies eines der Schlüsselprinzipien der lokalen Demokratie ist. Im Kongress sind wir der Auffassung, dass dieses Prinzip bei unseren Überlegungen zur Kompetenzverteilung untereinander eine wesentliche Rolle spielen muss, sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Ebene der verschiedenen internationalen Organisationen. Auch die Europäische Union hat in ihrem Verfassungsvertrag eines der Protokolle der notwendigen Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der Verhältnismäßigkeit gewidmet.

Hinzu kommt, dass wir seit vielen Jahren von dem Wert überzeugt sind, den eine offene und starke Partnerschaft zwischen unseren verschiedenen Organisationen – vor allem zwischen dem Europarat und der Europäische Union– für unsere Bürger darstellt. In diesem Rahmen möchte ich auf die langjährige Erfahrung eingehen, die wir bei Partnerschaften gemacht haben, insbesondere durch die enge Zusammenarbeit zwischen dem Ausschuss der Regionen und dem Kongress, die beide im Jahr 1994 geschaffen wurden. Wir haben erst im letzten Monat ein Übereinkommen über die Zusammenarbeit gezeichnet, das ich hiermit feierlich der Ratspräsidentschaft übergeben möchte [und somit Jean-Claude Junker übergebe, den Sie damit beauftragt haben, Wesentliches für die Zukunft unserer Institutionen zu leisten.] Die Zusammenarbeit mit dem Ausschuss der Regionen ist für mich eines der besten Beispiele für eine gute praktische Zusammenarbeit, die sich zwischen unseren Institutionen entwickeln sollte.

So können wir unsere Erfahrungen im Bereich des Monitorings der lokalen und regionalen Demokratie weitergeben. Dieser Bereich ist für die Europäische Union von besonderer Bedeutung, da sie die demokratischen Verhältnisse eines Landes kennen muss, um über eventuelle Beitrittskandidaten zu entscheiden.

Diese Partnerschaft bedeutet noch mehr. Ich möchte auf ein konkretes Beispiel eingehen, bei dem sich die Zusammenarbeit zwischen dem Kongress und der Europäischen Union für die Förderung der lokalen und regionalen Demokratie als sehr positiv erwiesen hat: Wir haben gerade mit Hilfe der EU eine Vereinigung der georgischen Gemeinden geschaffen, die beim Reformprozess, der gegenwärtig in dem Land in Gange ist, eine aktive Rolle spielen. So haben wir versucht, für den einzelnen Bürger lokale Demokratie in noch größerem Maße erfahrbar zu machen.

Ich möchte im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auf das Projekt der Adriatischen Euroregion eingehen. Dies ermöglicht eine Zusammenarbeit von Mitglieds- und Nicht-Mitgliedsländer der EU, die um die Adria angesiedelt sind, - denn diese Zusammenarbeit darf nicht an den abstrakten Grenzen unserer Länder und Institutionen Halt machen. Dieses Modell der Euroregion – das erste seiner Art – könnte auch auf andere Meerregionen übertragen werden, die die gleiche territoriale Komplexität aufweisen, die ein gemeinsames Handeln sinnvoll machen würde; ich denke dabei vor allem an das Schwarze Meer. Rumänien, das in einigen Monaten den Vorsitz im Ministerkomitee unserer Organisation übernehmen wird, könnte in seiner Eigenschaft als präsidierendes Mitglied, einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung einer solchen Region leisten. Des Weiteren denke ich an die Ostsee.

Die Partnerschaft mit der Europäischen Union nimmt eine herausragende Stellung ein. Aber es gibt auch gemeinsame Tätigkeiten mit den Vereinten Nationen, vor allem mit der UNMIK im Kosovo, mit der OSZE bei der Beobachtung von Kommunal- und Regionalwahlen, wo wir aus der großen Erfahrung der BDIMR unseren Nutzen ziehen können. Durch ihre konkrete Präsenz vor Ort, ist diese Organisation auch hilfreich bei der Erstellung der Monitoring-Berichte über unsere Länder. So versuchen wir Überschneidungen unserer Tätigkeitsfelder zu vermeiden und tragen so viel wie möglich dazu bei, dass die internationale Gemeinschaft mit einer Stimme spricht.

Sehr geehrter Präsident,
sehr geehrte Exzellenzen,
meine Damen und Herren,

Dieser Gipfel bietet die besondere Gelegenheit, die Aufgaben des Einzelnen festzulegen und den Aufbau Europas so zu planen, wie wir es wollen und die Bausteine zu wählen, die wir für richtig halten. Bei den verschiedenen Treffen spricht der Europarat manchmal nur vom Europarat, die Europäische Union spricht nur von der Europäischen Union und die OSZE spricht nur von der OSZE. Wir sollten lieber von dem gemeinsamen Europa sprechen, das wir uns wünschen, und für das wir alle unseren Beitrag leisten müssen, denn dies ist das Hauptziel, das es zu erreichen gilt.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.