Marckx gegen Belgien  | 1979

Frau gewinnt maßgeblichen Fall für die Rechte alleinerziehender Mütter – und ihrer Kinder

Ich hatte eine Tochter, die nur wenige Monate alt war, und man sagte mir, sie hätte keine Rechte.

Paula Marckx, in einem Videointerview der belgischen Regierung  - © Foto Europarat

 

Hintergrund

Paula Marckx beglückwünschte sich zu ihrem Glück, als sie im Alter von siebenundvierzig Jahren feststellte, dass sie schwanger war. Aber wenige Monate nach der Geburt ihrer Tochter Alexandra entdeckte Frau Marckx, dass sie - rechtlich gesprochen - [noch] nicht die Mutter des Kindes war.

Der Grund bestand darin, dass Frau Marckx Single war. Ein Schreiben der Behörden erklärte, dass das Kind, da unehelich geboren, nicht automatisch als Frau Marckx Kind betrachtet werde. Sie musste den Rechtsweg beschreiten, um eine Form der Anerkennung zu erlangen.

Frau Marckx war verletzt, dass sie nicht automatisch als Mutter anerkannt wurde, nur weil sie alleinerziehend war. Was noch schlimmer war, sie stellte fest, dass selbst nach Beschreiten dieses Rechtswegs ihr Baby immer noch nicht den gleichen Status haben würde wie ein Baby eines verheirateten Paares. Insbesondere würde Alexandra nicht ihr Erbe antreten können, wenn Frau Marckx sterben sollte.

Als sie sich bei einem Beamten beschwerte, erklärte dieser ihr: „Frauen beschweren sich immer, sind aber nie bereit, sich für etwas einzusetzen.”

Frau Marckx beschloss, aktiv zu werden. Sie reichte Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof entschied, das belgische Recht habe versäumt, ordnungsgemäß die Bindung zwischen Frau Marckx und ihrer Tochter anzuerkennen und zu achten. Dies habe das Recht von Frau Marckx und Alexandra auf Familienleben verletzt.

Ich dachte, ich würde eine schriftliche Bestätigung erhalten, dass es mein Kind sei, aber ich hatte nicht diese riesige Auswirkung erwartet.

Paula Marckx, in einem Interview mit Zwijgen is Geen Optie

Nachbereitung

Das belgische Recht wurde geändert, um ein gleiches Erbrecht für Kinder unverheirateter Eltern zu etablieren. 1987 wurde auch das Bürgerliche Gesetzbuch geändert, um die rechtliche Bindung zwischen einer unverheirateten Mutter und ihrem geborenen Kind automatisch anzuerkennen.

Die Zeitschrift Libelle ernannte Paula Marckx zur belgischen Frau des Jahres 1980.

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