Zavřel gegen Tschechische Republik  | 2007

Vater gewinnt Kampf, seinen Sohn sehen zu dürfen - und Rechte für alle tschechischen Eltern

… die fehlende Möglichkeit von Herrn Zavřel, sein Besuchsrecht wahrzunehmen, war letztendlich das Ergebnis der Toleranz, die die Gerichte gegenüber dem Widerstand der Mutter des Kindes zeigten, und des Fehlens effektiver Maßnahmen, um in der Praxis einen Kontakt herzustellen.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Januar 2007

Hintergrund

Vladimír Zavřel und seine Frau hatten einen Sohn. Seine Frau hatte jedoch 2001 die Familie verlassen und den sechsjährigen Sohn mitgenommen.

Bald verhinderte sie, dass Vladimir seinen Sohn sehen konnte.

Ein Gericht hatte angeordnet, dass es zum Wohle des Kindes sei, seinen Vater zu sehen, und dass die beiden regelmäßig Zeit miteinander verbringen sollten. Vladimir versuchte, diese gerichtliche Anordnung vollstrecken zu lassen. Die Behörden versäumten jedoch, diese durchzusetzen. Sie taten nahezu nichts, um Vladimir zu ermöglichen, den Kontakt zu seinem Sohn wiederherzustellen.

Da ihm keine weiteren Optionen offen standen, wandte sich Vladimir an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seinen Sohn schon mehr als zwei Jahre nicht mehr gesehen.

Urteil des EGMR

Als die tschechischen Gerichte anordneten, Vladimir solle seinen Sohn sehen dürfen, hätte ein Sachverständigengutachten vorgelegen, dass seine Fähigkeiten als Vater gut seien. In der Zwischenzeit hätte das Gericht festgestellt, dass die Mutter negativen Einfluss auf das Kind nahm und sie versuchte, das Kind gegen den Vater zu wenden.

Es war demnach klar, dass die andauernde Trennung von Vladimir und seinem Sohn negative Folgen haben würde. Dessen ungeachtet hätten die tschechischen Behörden keine ordnungsgemäßen effektiven Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass Vladimir sein Kind sehen konnte. Dies habe sein Recht auf Familienleben verletzt.

Artikel 8 schließt aus diesem Grund das Recht eines Elternteils auf effektive Maßnahmen ein, es mit seinem Kind zu vereinen, sowie die Verpflichtung seitens der nationalen Behörden, diese Maßnahmen in die Praxis umzusetzen.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Januar 2007

Nachbereitung

Der Kontakt zwischen Vladimir und seinem Sohn wurde nach dem Urteil des Straßburger Gerichtshofs wiederhergestellt.

Nach diesem Fall und einer Anzahl weiterer Fälle wurden 2008 die tschechischen Gesetze für Sorgerechtsverfahren geändert. Die neuen Maßnahmen schließen raschere Entscheidungen in Gerichtsfällen ein, die Kinder involvieren, sowie eine bessere Mediation für die friedliche Beilegung von Streitfällen.

Es gab außerdem eine vollständige Reform der Gesetze über die Umsetzung von Gerichtsentscheidungen über das Sorgerecht. Werden elterliche Besuchsrechte nicht umgesetzt, können tschechische Gerichte nun außergerichtliche Treffen, Therapien oder einen Plan anordnen, um einen schrittweisen Kontakt mit Hilfe eines Experten herzustellen. Bleiben solche Maßnahmen erfolglos, können die Gerichte auch eine Zwangszuführung von Kindern mit ihren Eltern anordnen.

Nach weiteren Fällen vor dem Gerichtshof zu ähnlichen Sachverhalten wurden 2012 zusätzliche Reformen von den tschechischen Behörden durchgeführt. .

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