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Ungarn: Gesetzesänderungen zu LGBTQI laut Venedig-Kommission nicht mit internationalen Menschenrechtsnormen vereinbar

Die Verfassungsrechtsfachleute der Venedig-Kommission haben ein Gutachten zur Vereinbarkeit von Gesetz LXXIX, das vom ungarischen Parlament im Juni 2021 erlassen wurde, mit internationalen Menschenrechtsnormen veröffentlicht. Im Mittelpunkt des Gutachtens stehen die Änderungen der ungarischen Gesetzgebung zur Freiheit, Informationen zu Themen im Zusammenhang mit der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität zu erhalten und weiterzugeben – sowie zu anderen Rechten und Freiheiten von LGBTQI-Personen.

Durch die Änderungen werden Verbote und/oder Einschränkungen jeglicher Darstellung oder Diskussion vielfältiger Geschlechtsidentitäten und sexueller Orientierungen im öffentlichen Raum, darunter Schulen und Medien, eingeführt, indem der Zugang zu Inhalten, die „Abweichungen von der dem Geschlecht bei der Geburt entsprechenden Selbstidentität, Geschlechtsumwandlungen oder Homosexualität propagieren oder darstellen“ für Personen unter 18 Jahren untersagt oder beschränkt wird.

Die Venedig-Kommission bedauert, dass Gesetz LXXIX überstürzt verabschiedet wurde, ohne die Zivilgesellschaft, die Opposition und andere Interessengruppen zu konsultieren. Durch diese mangelnde Konsultation wurden die Empfehlungen der Venedig-Kommission in ihrer Checkliste zur Rechtsstaatlichkeit und der Bericht zur Rolle der Opposition in einem demokratischen Parlament missachtet. Zum Inhalt des Gesetzes erklärt die Venedig-Kommission, dass die Erwägungen der öffentlichen Moral und des Schutzes von Minderjährigen nicht die pauschalen Verbote/Einschränkungen der Propagierung oder Darstellung von Abweichungen von der dem Geschlecht bei der Geburt entsprechenden Selbstidentität, Geschlechtsumwandlungen oder Homosexualität rechtfertigen können.

Die Venedig-Kommission erinnert daran, dass Geschlecht, als ein Bestandteil der persönlichen Identität, und Homosexualität, als eine Variante der sexuellen Orientierung, durch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützt sind und daher von Behörden nicht als gegen die Moral, wie in Artikel 10, Absatz 2 der EMRK ausgeführt, erachtet werden können. Tatsächlich sind die Gesetzesänderungen nicht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vereinbar, die Geschlechtsidentität als einen Bestandteil der persönlichen Identität anerkennt, der unter das Recht auf Achtung des Privatlebens fällt.

Die Venedig-Kommission kommt zu dem Schluss, dass die Änderungen des Gesetzes über die nationale öffentliche Bildung nicht mit den internationalen Menschenrechtsnormen in Einklang stehen und die positive Verpflichtung Ungarns nicht erfüllen, dafür zu sorgen, dass das Bildungssystem Kindern objektive und unvoreingenommene Informationen zur Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung bereitstellt und sie vor Diskriminierung aus denselben Gründen schützt. Im Gegenteil: Die Änderungen tragen dazu bei, ein „bedrohliches Umfeld“ zu schaffen, in dem LGBTQI-Kinder gesundheitsbezogenen Risiken, Mobbing und Belästigung ausgesetzt sind.

 Pressemitteilung
Ungarn: LGBTQI-Personen betreffende Änderungen laut Venedig-Kommission nicht mit internationalen Menschenrechtsnormen vereinbar [EN]

Venedig-Kommission Straßburg 14. Dezember 2021
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