P.B. und J.S. gegen Österreich |2010

Gleichgeschlechtliches Paar gewinnt Fall von Diskriminierung wegen Verweigerung der Krankenversicherung

Das Diskriminierungsverbot . . . gilt auch für jene zusätzlichen Rechte . . . deren Gewährleistung der Staat freiwillig beschlossen hat.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Juli 2010

Hintergrund

P. B. und J. S. sind ein gleichgeschlechtliches Paar. J. S. arbeitet im öffentlichen Dienst. Kranken- und unfallversichert ist er im Rahmen eines Systems für den öffentlichen Dienst.

Im Jahr 1997 beantragte P. B. bei dem Versicherungsträger für den öffentlichen Dienst, als Angehöriger anerkannt zu werden, – was bedeutet, dass er von seinem Partner finanziell unterstützt wurde – und J. S.’ Versicherungsschutz auf ihn auszudehnen.

Die Einrichtung lehnte P. B.s Unterstützungsantrag ab und erklärte, dass er zurückgewiesen werden muss, weil das Paar gleichen Geschlechts ist.

P. B. legte Beschwerden über seine Behandlung bei den österreichischen Gerichten ein. Er war davon überzeugt, dass der Ausschluss von gleichgeschlechtlichen Paaren von der Erweiterung des Versicherungsschutzes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstieß.

Im Jahr 2001 wies ein Gericht P. B.s Beschwerde ab. Es urteilte, dass die Behörden das Gesetz korrekt angewandt hatten, indem sie zu dem Ergebnis gelangt sind, dass gleichgeschlechtliche Paare vom Krankenversicherungssystem ausgeschlossen sind. 

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof urteilte, dass Österreich P. B. und J. S. bis zur im Juni 2007 erfolgten Änderung des Gesetzes zum Versicherungsschutz und Entfernung eines ausdrücklichen Hinweises auf verschiedengeschlechtliche Paare ungerechtfertigt benachteiligt hat.

Der Gerichtshof sprach P. B. und J. S. gemeinsam € 10.000 als Entschädigung zu.

Folgemaßnahmen

Zu dem Zeitpunkt, als der Europäische Gerichtshof sein Urteil in P. B.s und J. S.’ Fall erließ, hatte Österreich sein Gesetz zum Versicherungsschutz im öffentlichen Dienst geändert, sodass nicht mehr zwischen gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren unterschieden wurde. Diese Änderungen traten im Juli 2007 in Kraft.

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