Lachiri gegen Belgien  | 2018

Gesetzbuch geändert, nachdem Frau wegen Tragens eines Hijabs aus einem Gerichtssaal ausgeschlossen wurde

Es war an der Zeit, dass Belgien seine Verpflichtungen erfüllt und dieses völlig veraltete Gesetzbuch ändert.

Patrick Charlier, Direktor der unabhängigen öffentlichen Einrichtung Unia, zitiert auf Le Soir

Hintergrund

Hagar Lachiri war im Gericht, um dafür zu plädieren, dass sich der wegen des Todes ihres Bruders beschuldigte Mann wegen Mordes vor Gericht verantworten sollte und nicht wegen einer Straftat von geringerer Bedeutung.

Es war ein schwerer Tag für die trauernde Familie, der durch die Haltung des Gerichts gegenüber Lachiris Hijab, dem Kopftuch, das sie als praktizierende Muslimin trägt, noch verschlimmert wurde.

Ein Gerichtsbeamter nahm Anstoß an dem Kopftuch, bevor Lachiri den Saal betrat, und wies sie im Namen der Richterin darauf hin, dass sie von Rechts wegen nicht eintreten könne, wenn sie es nicht abnehme.

Lachiri weigerte sich, ihren Hijab abzunehmen. Sie wurde aufgefordert, das Gericht zu verlassen.

Als Reaktion darauf leitete Lachiri rechtliche Schritte ein und machte geltend, dass ihre Rechte verletzt worden seien. Die belgischen Gerichte wiesen ihre Beschwerde schließlich zurück.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass Belgien gegen Lachiris Religionsfreiheit verstoßen hat.

Ziel der Behörden bei der Einschränkung von Lachiris Recht, ihre Religion frei zu zeigen, war der Schutz der öffentlichen Ordnung. Auf diese Weise legte die belgische Richterin das Gerichtsgesetzbuch des Landes aus, in dem erklärt wird: „Die Anwesenden wohnen der [Gerichts-]Verhandlung ohne Kopfbedeckung, respektvoll und schweigend bei.“

Doch weil Lachiri nicht respektlos war und keine Bedrohung für das belgische Gericht darstellte, könne es keine Rechtfertigung für die ihr auferlegte Beschränkung geben, so die Schlussfolgerung des Europäischen Gerichtshofs.

Folgemaßnahmen

Als Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs änderte Belgien 2021 sein Gerichtsgesetzbuch. Durch die Streichung der Worte „ohne Kopfbedeckung“ wurde eine endgültige Lösung für die in Lachiris Fall aufgeworfene Frage gefunden sowie für aus medizinischen Gründen bei Gerichtsverhandlungen getragene Kopfbedeckungen.

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