Zurück Türkei: Ausnahmezustands gerechtfertigt, Maßnahmen gingen jedoch zu weit – Venedig-Kommission

© 2016 Reuters/Umit Bektas www.reuters.com

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Ein heute von den Verfassungsrechtsexperten des Europarates – der Venedig-Kommission – verabschiedetes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die türkischen Behörden „mit einer gefährlichen bewaffneten Verschwörung“ konfrontiert waren und „gute Gründe“ hatten, den Ausnahmezustand auszurufen, doch dass die von der Regierung ergriffenen Maßnahmen über das hinausgingen, was gemäß der türkischen Verfassung und dem Völkerrecht zulässig ist.

Das vom Monitoring-Ausschuss der Parlamentarischen Versammlung des Europarates infolge des Putschversuchs vom Juli geforderte Gutachten kritisiert, dass Maßnahmen zur Entlassung anstatt zur Suspendierung von Beamten und zur Auflösung von Vereinigungen anstatt zu deren vorübergehender staatlicher Kontrolle getroffen wurden.

Obwohl die Bestimmungen der türkischen Verfassung zur Ausrufung des Ausnahmezustands im Einklang mit den europäischen Normen zu stehen scheinen, übte die Regierung ihre Notstandsbefugnisse mithilfe einer Anlassgesetzgebung aus. So wurden „zehntausende Beamte“ auf der Grundlage von Dringlichkeitsdekreten beigefügten Listen entlassen. Diese Massenentlassungen beruhten nicht auf einzelfallbezogenen nachprüfbaren Beweisen. Laut dem Gutachten lässt sich aus der Geschwindigkeit, mit der diese Listen veröffentlicht wurden, darauf schließen, dass die Massenentlassungen nicht mit Mindestverfahrensgarantien einhergingen. Diese Entlassungen unterliegen offensichtlich keiner richterlichen Kontrolle durch ordentliche Gerichte oder zumindest bleibt der Zugang zur gerichtlichen Überprüfung umstritten. Derartige Methoden, um den Staatsapparat zu säubern, erwecken stark den Anschein von Willkür. (weiter…)

Venedig-Kommission Venedig 9. Dezember 2016
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