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Ungarn: Fortschritte bei Medienfreiheit, Maßnahmen gegen Diskriminierung und Migrantenrechten nötig

„Ungarn sollte die Medienfreiheit stärken, die weitverbreitete Intoleranz und Diskriminierung bekämpfen sowie den Schutz der Menschenrechte von Migranten verbessern“, so Nils Muižnieks, Menschenrechtskommissar des Europarates bei der heutigen Veröffentlichung eines Berichts, der auf den Ergebnissen seines Besuchs im Juli in dem Land basiert.

Der Kommissar begrüßte zwar die Verbesserungen der Mediengesetze, die Ungarn seit der Verabschiedung eines diesbezüglichen restriktiven Maßnahmenbündels im Jahr 2010 eingeführt hat, äußerte sich jedoch weiterhin besorgt darüber, dass die Medien in Ungarn einem unangemessenen Gesetzesrahmen sowie politischem Druck unterworfen sind. „Die bloße Existenz einiger Bestimmungen, wie etwa strenger Sanktionsmaßnahmen, übt eine abschreckende Wirkung auf die Freiheit der Medien aus und drängt zahlreiche Medien zur Selbstzensur.“ Die weitreichenden administrativen Regelungsbefugnisse des Medienrates bleiben in Verbindung mit dessen Empfänglichkeit für politische Einflussnahme und Kontrolle ebenfalls problematisch. Überdies gefährden Maßnahmen wie die Besteuerung von Werbeeinnahmen und Beschränkungen bei politischer Werbung die Medienvielfalt. „Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die Medienfreiheit zu stärken, etwa durch die Aufhebung oder Neufassung der Bestimmungen des Mediengesetzes über Meinungsäußerungen und politische Standpunkte; durch einen umfassenderen Schutz der Quellen von freischaffenden Journalisten; durch die Befreiung von Print- und Onlinemedien von den Registrierungsvorschriften; durch eine Stärkung der Unabhängigkeit der Medienkontrollorgane sowie durch die Entkriminalisierung der Diffamierung.“

 

Obgleich Ungarn bereits Verbesserungen in Gesetzgebung und Praxis zur Bekämpfung von Hassdelikten und Hassrede vorgenommen hat, besteht für Muižnieks weiterhin Anlass zur Sorge hinsichtlich der Verschlechterung der Lage im Bereich von Rassismus und Intoleranz, insbesondere gegenüber Roma, Juden, LGBTI, Asylsuchenden und Flüchtlingen sowie  Menschen, die von Armut und Obdachlosigkeit betroffen sind. „Ein besorgniserregender Aspekt dieses Problems sind die sichtbare Präsenz extremistischer Organisationen und ihre Verbindungen mit der im Parlament vertretenen Partei Jobbik, deren Mitglieder für ihre antiziganistischen und antisemitischen Äußerungen bekannt sind. Die ungarischen Behörden sollten Intoleranz und Diskriminierung entschlossener bekämpfen: Dies sollte auch einschließen, dass eine mögliche rassistische Motivation von Straftaten besser untersucht wird und angemessene Sanktionen gegen Einzelpersonen und Gruppen verhängt werden, die rassistische Gewalttaten befürworten oder begehen, zum Rassenhass aufstacheln und sich den Grundsätzen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entgegenstellen.“

Außerdem muss die Bekämpfung jeglicher Form von Diskriminierung gestärkt werden. Roma müssen besseren Zugang zu Bildung, menschenwürdigen Unterkünften und zum Arbeitsmarkt erhalten. Beim Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen sind ebenfalls dringend Fortschritte vonnöten. „Die Behörden sollten Menschen mit Behinderungen nicht mehr in einschlägigen Institutionen unterbringen und keine neuen eröffnen, seien sie noch so klein. Vielmehr sollten sie die Ressourcen von diesen Institutionen zu individuellen Unterstützungsdiensten umleiten“, erklärte der Kommissar und stellte fest, dass in Ungarn viele Menschen unter Vormundschaft stehen und ihr Recht, freie Entscheidungen zu treffen, nicht im Einklang mit den Menschenrechtsnormen gewährleistet ist. Desgleichen ist es enttäuschend, dass die Fortschritte, die bei der Bekämpfung von Intoleranz und Diskriminierung gegenüber LGBTI erzielt wurden, beeinträchtigt wurden durch die Versuche, die Gay-Pride-Parade zu verbieten, und durch die Gefahren, die für Teilnehmer bestanden; deren Sicherheit konnte nur durch Polizeiabsperrungen garantiert werden.

Menschenrechtskommissar Straßburg 16. Dezember 2014
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