Zurück Generalsekretärin hält Rede vor UN-Menschenrechtsrat

Generalsekretärin hält Rede vor UN-Menschenrechtsrat

Die Generalsekretärin des Europarates, Marija Pejčinović Burić, hat am 23. Februar im Rahmen der 46. Sitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen eine per Video übertragene Rede gehalten:

Herr Generalsekretär, sehr geehrte Präsidentinnen und Präsidenten, geschätzte Freunde,

als ich mich vor rund einem Jahr im Rahmen der 43. Sitzung an Sie gewandt habe, war die Welt eine andere. Seitdem hat die Covid-19-Pandemie unsere Art zu leben und zu arbeiten verändert. Und dadurch sind neue menschenrechtliche Probleme entstanden, denen unsere Organisationen begegnen müssen.

Seit Beginn der Pandemie betone ich, wie wichtig es ist, dass die Regierungen die Gesundheitskrise mithilfe wirksamer Maßnahmen zu bewältigen versuchen, die im Einklang mit den gemeinsamen Rechtsnormen stehen, und der Europarat arbeitet gemeinsam mit seinen Mitgliedsstaaten daran, dies zu erreichen. Die bei der Ministersitzung im vergangenen Jahr verabschiedete Athener Erklärung bekräftigt diesen Ansatz.

Im April 2020 habe ich den Behörden der 47 Mitgliedsstaaten einen „Toolkit“ übermittelt, der gewährleisten soll, dass die Europäische Menschenrechtskonvention bei allen Maßnahmen angewandt wird, die angesichts der Covid-19-Krise getroffen werden und die etwa das Verhängen des Notstands und das Verabschieden von Sonderregelungen umfassen. All diese Maßnahmen müssen notwendig, verhältnismäßig und zeitlich begrenzt sein.

Jede Abteilung des Europarates arbeitet seither darauf hin, die Probleme im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Europäischen Sozialcharta zu lösen. Dies betrifft Bereiche wie häusliche Gewalt, den Zugang zu Bildung, den Schutz von Migrantinnen und Migranten, die Bekämpfung der Diskriminierung von Minderheiten sowie die Folgen der digitalen Kontaktverfolgung für die Privatsphäre und den Datenschutz.

Die Krise ist natürlich noch lange nicht ausgestanden und wird in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht langfristig spürbar sein. Ohne Zweifel werden sich auch weitere Probleme stellen, doch wir sind bereit, zu ihrer Bewältigung beizutragen.

Das Recht auf Schutz der Gesundheit wird sicherlich die Grundlage unserer Arbeit bleiben, in Ergänzung zum dritten Ziel für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen: „Gesundes Leben für alle – ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern“. Der Europarat ist stolz, einen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels und der anderen Ziele der Agenda 2030 zu leisten.

Der Strategierahmen für den Europarat, den ich im November präsentiert habe, erkennt im Übrigen eindeutig an, wie wichtig es ist, die Arbeit der Organisation mit den konkreten Zielen für nachhaltige Entwicklung stärker zu verknüpfen. Seien es die Gleichstellung der Geschlechter, die Sicherung des Friedens, die Justiz, solide Institutionen oder andere Bereiche: Unsere Tätigkeit steht im Einklang mit diesen Zielen und wir verfolgen sie mit Nachdruck.

Das liegt in der Natur der Sache, denn der Europarat und die Vereinten Nationen haben viel gemeinsam. Sie teilen nicht nur den Glauben an die Menschenrechte, sondern auch an den Multilateralismus. Und den Willen, unter den gegenwärtigen Umständen und darüber hinaus Fortschritte zu erzielen.

Die Gefahren für die Menschenrechte, die bereits vor der Pandemie bestanden, sind nicht verschwunden. Sie existieren weiter, darum arbeiten wir auch weiter daran, sie zu bekämpfen. Denken wir nur an die Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit, Hassrede im Netz und abseits davon, die Diskriminierung von Minderheiten, die Unabhängigkeit der Justiz und den Kampf gegen Korruption, Geldwäsche und Computerkriminalität – die Probleme sind offensichtlich.

Doch auch in schweren Zeiten ist Fortschritt möglich. Etwa beim Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch: Alle unsere Mitgliedsstaaten haben nunmehr die Lanzarote-Konvention des Europarates ratifiziert. Oder beim Umweltschutz: Wir arbeiten an neuen Rechtsinstrumenten, die Menschenrechte schützen und Umweltkriminalität bekämpfen. Und auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz erzielen wir Fortschritte bei der Ausarbeitung eines Rahmens für die Entwicklung, Gestaltung und Anwendung von KI, nachdem wir im vergangenen Monat Leitlinien für die Anwendung von Gesichtserkennungstechnik veröffentlicht haben.

Ebenso darf ich bekannt geben, dass ich vor Kurzem einen Sonderbeauftragten gegen Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und andere Formen von religiöser Intoleranz und Hasskriminalität ernannt habe. Er arbeitet diesbezüglich mit den Mitgliedsstaaten und anderen internationalen Organisationen zusammen, etwa mit dem UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Glaubensfreiheit.

Es existieren viele weitere Beispiele der guten und begrüßenswerten Zusammenarbeit unserer beiden Organisationen. Besonders erfreulich war, dass mein Sonderbeauftragter für Migration und Flüchtlinge im vergangenen November zur Überprüfung der Umsetzung des Globalen Pakts für Migration in Europa beitragen konnte.

Wir sollten indes stets nach neuen Möglichkeiten suchen, wie wir voneinander lernen, einander ergänzen und unterstützen können. Ein Beispiel sind die Überwachungsorgane des Europarates: Dass sie bereits zur „allgemeinen regelmäßigen Überprüfung“ durch den UN-Menschenrechtsrat beitragen, ist positiv. Und es ist richtig, dass wir nunmehr danach trachten, unser Monitoring effektiver zu gestalten – so wollen wir Berichterstattungsverpflichtungen erleichtern und Kontrollmüdigkeit entgegenwirken.

Wir sollten uns aber ein noch ambitionierteres Ziel stecken und dafür offen sein, dass wir auch die Monitoring-Tätigkeit unserer Organisationen besser koordinieren. Das ist wichtig, um Doppelgleisigkeit zu vermeiden.

Jede Änderung würde natürlich dasselbe Ziel verfolgen wie unsere gesamte gemeinsame Arbeit: zu gewährleisten, dass wir einander ergänzen und relevant und effektiv bleiben. Mit einer europäischen Menschenrechtsorganisation mit gemeinsamen Rechtsnormen, die eng mit einer weltweiten Menschenrechtsorganisation mit einzigartiger Reichweite zusammenarbeitet.

Gemeinsam können wir die Realität der Menschenrechte tiefer verankern, unter den aktuellen und allen künftigen Umständen. Und daraus kann nur Gutes entstehen.


 46. Sitzung des UN-Menschenrechtsrats – Rede der Generalsekretärin des Europarates [FR, EN]

Generalsekretärin Strassburg 24. February 2021
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