Ceteroni gegen Italien  | 1996

Reformen zum Schutz des Zugangs zu den Gerichten, nachdem Beschwerden in Straßburg eingereicht wurden, die eine ungebührlich lange Dauer bis zur Verfahrenseröffnung offenlegen

Jede Person hat ein Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist

Auszug aus Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention

Hintergrund

In Tausenden von Fällen, die beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht wurden, beschwerten sich die Beschwerdeführer aus Italien über eine übermäßig lange Dauer bis zur Verfahrenseröffnung.

Eine dieser Beschwerden wurde von Umberto Ceteroni eingereicht. Er und seine Eltern führten ein Familienunternehmen. Nachdem das Unternehmen insolvent geworden war, dauerte es nahezu 11 Jahre, bevor ein Insolvenzverfahren eingeleitet wurde.

Urteil des EGMR

Der Straßburger Gerichtshof entschied, dass in 1.725 Fällen von Zivilverfahren die Dauer bis zur Verfahrenseröffnung übermäßig lang gewesen war, einschließlich des Verfahrens der Ceteronis. Dies habe das Recht der Beschwerdeführer verletzt, Zugang zu Gericht innerhalb einer angemessenen Frist zu erhalten.

Diese Fälle spiegeln das weit verbreitete Problem ungebührlich langer Verzögerungen innerhalb des italienischen Justizsystems wider.

Nachbereitung

Es wurde eine Bandbreite langfristiger Reformen eingeleitet, um diese gerichtlichen Verzögerungen zu reduzieren. Diese Reformen schlossen eine wesentliche Reform des Gerichtsverfahrens, eine Neuordnung der Gerichtsbezirke und Maßnahmen zur Reduzierung der anhängigen Fälle ein.

Bis 2015 hatten diese Reformen dazu geführt, dass die durchschnittliche Dauer bis zur Eröffnung von Zivilverfahren in der ersten Phase auf 2 Jahre und 4 Monate verkürzt wurde. Die aufgelaufenen anhängigen Verfahren wurden um mehr als eine Million reduziert.

Die Frage einer ungebührlich langen Dauer bis zur Verfahrenseröffnung in Italien wird weiter vom Europarat überwacht.

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