Jugheli und andere gegen Georgien |2017

Von Verschmutzung durch Kraftwerk betroffene Einwohner von Tiflis gewinnen richtungsweisenden Fall

In einer sicheren Umgebung zu leben, ist eine entscheidende Voraussetzung, damit eine Person uneingeschränkt ihr Leben genießen kann.

Sprecher der Georgian Young Lawyers’ Association (GYLA), deren Anwälte, zusammen mit jenen des European Human Rights Advocacy Centre (EHRAC), die Beschwerdeführenden vertraten

Hintergrund

Bewohner eines Wohnblocks im Zentrum von Tiflis beschwerten sich bei den kommunalen Behörden über giftige Rauchgase aus einem nur wenige Meter von ihren Wohnungen gelegenen Wärmekraftwerk. 

Zu den Geschädigten der Kraftwerksaktivitäten, die damals keinen Umweltvorschriften unterlagen, gehörten Ivane Jugheli, Otar Gureschidse und Liana Alavidse.

Die Tifliser Stadtverwaltung forderte das Kraftwerk auf, Abluftfilter zu installieren, um die Luftverschmutzung zu verringern – doch die Aufforderung wurde ignoriert. 

Die Bewohner beschlossen, gerichtlich gegen das Kraftwerk und die Behörden vorzugehen und eine Entschädigung für den ihrer Gesundheit und ihrem Wohlbefinden zugefügten Schaden zu verlangen.

Von einem Tifliser Gericht zur Beurteilung der durch das Kraftwerk verursachten Umweltverschmutzung beauftragte Sachverständige stellten fest, dass ein „ganzes Paket an Emissionen“ zu den Wohnungen der Bewohner gelangte. 

Es gab keine Pufferzone zwischen dem Kraftwerk und dem Wohnblock. Das Fehlen von Abluftfiltern erhöhte die Gefahr für die Bewohner, bei denen die Befunde ergaben, dass sie unter ähnlichen Gesundheitsbeschwerden litten. Nach Ansicht von Ärzten könnten ihre Erkrankungen durch die Rauchgase verursacht worden sein. 

Die georgischen Gerichte waren von den Beweismitteln nicht überzeugt und die Beschwerden von Jugheli, Gureschidse und Alavidse wurden abgewiesen. 

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass die fehlenden Umweltvorschriften bedeuteten, dass das Kraftwerk potenziell gefährliche Aktivitäten ohne notwendige Schutzmaßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung der Luftverschmutzung und ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Gureschidse und Alavidse ausführen konnte. 

Dies verstieß in Verbindung mit der „passiven Haltung“ der georgischen Regierung gegenüber der durch das Kraftwerk verursachten Verschmutzung gegen ihre Rechte. 

Ivane Jugheli verstarb leider im Jahr 2016, bevor der Europäische Gerichtshof sein Urteil verkündete. 

. . . derart gefährliche industrielle Aktivitäten ließ man zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich im rechtsfreien Raum stattfinden.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Juli 2017

Folgemaßnahmen 

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ergriff Georgien Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltschutzvorkehrungen, darunter durch Gesetzesänderungen: 

  • Durch eine im Jahr 2017 erfolgte Änderung des Umweltschutzgesetzes wurde das Erfordernis einer Umweltprüfung eingeführt und das entsprechende Verfahren festgelegt. 
  • Ebenfalls im Jahr 2017 wurde ein Umweltprüfungsgesetzbuch verabschiedet, das sowohl von privaten als auch von öffentlichen Einrichtungen verlangt, bei entsprechenden Aktivitäten und Projekten Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen. Durch das neue Gesetzbuch werden der öffentliche Zugang zu relevanten Informationen, die Beteiligung an Entscheidungsprozessen und regelmäßige öffentliche Bewertungen ermöglicht. 
  • Im Jahr 2018 wurden neue Bestimmungen zu Luftqualitätsnormen eingeführt.

Die georgische Regierung bestätigte, dass das Kraftwerk nicht mehr in Betrieb ist.

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