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(Es gilt das gesprochene Wort)

Rede des Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, René van der Linden, anlässlich seines Besuchs der Abgeordnetenkammer Luxemburgs

23.März 2005

Der Dritte Gipfel des Europarates, der am 16. und 17. Mai dieses Jahres in Warschau stattfindet, ist für die Zukunft des Europarates außerordentlich wichtig.

Der Dritte Gipfel, der in einem sich verändernden Europa abgehalten wird, sollte sich den Herausforderungen stellen, vor denen Europa steht und gleichzeitig die Bedeutung des Europarates für diesen Kontinent ins Blickfeld rücken. Er sollte außerdem definieren, welche Stellung der Europarat gegenüber den anderen europäischen Institutionen einnimmt und ihm für die kommenden Jahre ein klares politisches Mandat verleihen.

Die geographische Erweiterung (einschließlich der langfristigen Perspektiven) und die immer zahlreicheren Aktivitäten und Zuständigkeitsbereiche der Europäischen Union haben bedeutende Auswirkungen auf alle europäischen Institutionen.

Ihr Land hat gegenwärtig die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union inne; ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Beziehungen zwischen dem Europarat - mit seinen 46 Mitgliedsländern - und der Europäischen Union eingehen.

Was und wen repräsentiert der Europarat?

800 Millionen Europäer
46 Länder
630 nationale Abgeordnete
fast 200 Konventionen, durch die 25.000 bilaterale Abkommen ersetzt wurden
den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
einzigartige Mechanismen für die Umsetzung der unterschiedlichen Instrumente wie:

-  den Menschenrechtskommissar
- die Europäische Kommission für Demokratie durch Recht (die ,,Venedig-Kommission")
- das Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (Anti-Folter-Komitee)
- die Staatengruppe gegen Korruption (GRECO)
- die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI)
- und die Europäische Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ).

Als Präsident der Parlamentarischen Versammlung möchte ich es nicht versäumen, daran zu erinnern, dass vor eben dieser Versammlung des Europarates Robert Schuman in den 50er Jahren das erste Mal von der Idee sprach, eine Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl zu gründen.

Wenn damals einige Mitgliedsstaaten eine andere Haltung eingenommen hätten, hätte ich die Beziehungen zur Europäischen Union nicht zu einem der Hauptanliegen meiner Amtszeit machen können. Und ich wäre auch nicht in der privilegierten Lage, nunmehr zwei Institutionen von innen zu kennen.

Als Mitglied des Konvents über die Zukunft Europas bin ich sehr erfreut darüber, dass der Verfassungsvertrag diese Beitrittsnotwendigkeit anerkennt und für die EU die Möglichkeit vorsieht, der Europäischen Menschenrechtskonvention beizutreten, was eine formale institutionelle Verbindung zwischen dem weitreichendsten und dem ehrgeizigsten Projekt in Europa herstellen würde.

Die Botschaft ist klar und eindeutig: die Europäische Union sollte aus der Erfahrung, die der Europarat mit seinen Institutionen und Instrumenten gemacht hat, größtmöglichen Nutzen ziehen.

Es genügt nicht, die Flagge und die Hymne zu übernehmen: Die Europäische Union sollte auch die Errungenschaften des Europarates übernehmen.

Leider wird das klare Zeichen, das mit dem Verfassungsvertrag gesetzt wurde, durch widersprüchliche Signale von den Institutionen der Europäischen Union getrübt. Ich denke dabei an die teilweise enthusiastischen Anstrengungen, die unternommen werden, um schon Existierendes noch einmal neu zu erfinden, wie zum Beispiel eine Grundrechteagentur, ein Anti-Folter-Komitee oder eine Institution für das Erlernen von Sprachen.

Ich möchte betonen, dass die Konvention zur Verhütung von Folter, die das System der unangekündigten Besuche vorsieht, die Venedig-Kommission, die Kommission gegen Rassismus und Intoleranz und die Menschenrechtskonvention alles Beispiele für funktionierende Mechanismen sind. Man braucht sie nicht noch einmal erfinden!

Zwar ist es gerechtfertigt, dass einige Aktionen des Europarates aufgrund ihres Einflusses auf die öffentliche Meinung auch gleichzeitig von der EU durchgeführt werden. Der Europarat muss aber auch alles daransetzen, der Öffentlichkeit klar zu machen, was er bereits tut.

Um die Kluft zwischen beiden Institutionen nicht noch größer werden zu lassen, sollten die Europäische Union, ihre Mitgliedsstaaten und diejenigen Länder, die der Union nicht oder noch nicht angehören, das einmalige Forum, das ihnen der Europarat bietet, nutzen. Diese Möglichkeit sollten natürlich in erster Linie die Länder ergreifen, die schon Beitrittskandidaten sind, aber auch diejenigen, in denen der Stabilisierungs- und Beitrittsprozess erst im Gange ist, mit denen die europäische Politik der ,,guten Nachbarschaft" betrieben wird und mit denen strategische Partnerschaften vereinbart wurden. Der Europarat bietet all diesen Ländern das einzige Forum, um mit den 25 Mitgliedsländern der EU und den Mitgliedern des Europäischen Wirtschaftsraums auf gleicher Ebene zusammenzuarbeiten.

Ich möchte daran erinnern, dass die von der Europäischen Union festgesetzten Kopenhagener Kriterien, die für einen EU-Beitritt erfüllt werden müssen, genau den Normen entsprechen, die der Europarat erarbeitet hat und umsetzt. Bei dieser Umsetzung spielt die parlamentarische Diplomatie, wie sie unsere Versammlung entwickelt hat, eine wesentliche Rolle.

Ich möchte der luxemburgischen EU-Ratspräsidentschaft danken, dass sie unserem Ministerkomitee im Rahmen der Vorbereitung des Dritten Gipfels Vorschläge zur Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Europarat vorgelegt hat.

Unsere Versammlung schlägt ihrerseits vor, dass der Gipfel die EU auffordert:

- den Europarat als ideales Forum für die Förderung und Umsetzung der Politik der ,,guten Nachbarschaft" anzuerkennen;
- allen Konventionen des Europarates, bei denen ein EU-Beitritt möglich ist, beizutreten, um die Schaffung eines einheitlichen europäischen Rechtsraums zu unterstützen;
- die Erfahrungen, die der Europarat mit seinen Mechanismen und Instrumenten gesammelt hat, systematisch und bereitwillig zu nutzen.

Mit ihrer Empfehlung 1693 hat unsere Versammlung wesentlich zur Vorbereitung des Dritten Gipfels beigetragen. Die Empfehlung umfasst viele Themen; folgende sind die wichtigsten darunter. Der Gipfel sollte:

- der Organisation für die kommenden Jahre ein klares politisches Mandat verleihen;

- die vom Europarat verkörperte Einheit eines Europas hervorheben, das sich auf gemeinsame Werte stützt und in dem es keine Trennlinien mehr gibt;

- die außerordentlich wichtige Rolle des Europarates bei der Schaffung von Rechtsnormen für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit und in Bezug auf einige Aspekte der modernen Gesellschaft anerkennen;

- die einzigartige Bedeutung des Europarates als Forum für den politischen Dialog zwischen Mitgliedsländern und Nicht-Mitgliedsländern der Europäischen Union deutlich machen;

- die Europäische Union auffordern, die Erfahrung, die der Europarat mit seinen Instrumenten und Mechanismen gemacht hat, zu nutzen; 

- betonen, wie wichtig die Förderung und Überwachung von grundlegenden demokratischen Prinzipien und Richtlinien ist, die das Funktionieren und die Weiterentwicklung demokratischer Institutionen und der Zivilgesellschaft verbessern, vor allem im Hinblick darauf, dass letztere vor vielen neuen Aufgaben und schwierigen Herausforderungen stehen. Der Bürger sollte dabei immer im Mittelpunkt stehen;

- die Verpflichtung eingehen, auch weiterhin alle Formen von Gewalt, einschließlich häuslicher Gewalt und Menschenhandel, zu bekämpfen;

- noch einmal bekräftigen, dass die Demokratieerziehung, die auf den Rechten und Verpflichtungen des Bürgers und den Werten des Europarates basiert, eine der künftigen Hauptaktivitäten der Organisation bleiben wird;

- bereit sein, mit anderen internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten, die in anderen Teilen der Welt ähnliche Strukturen schaffen wollen, und es ihnen ermöglichen, von der Erfahrung der Organisation zu profitieren;

- die einzigartige Bedeutung des Europarates als Forum für die Förderung des interkulturellen und interreligiösen Dialogs zur Geltung bringen;

- die Dringlichkeit einer weitreichenden Reform des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte deutlich machen und entscheiden, dass strategische Optionen, die über Protokoll Nr. 14 hinausgehen, dringend geprüft werden, wobei das Protokoll Nr. 14 schnellstmöglich ratifiziert werden sollte;

- die Prüfung der Vereinbarungen für den Entwurf von Rechtsinstrumenten als dringlich erachten; die Schlüsselrolle der Versammlung bei diesem Prozess anerkennen; die Parlamentarische Versammlung insbesondere dazu ermächtigen, gesetzgebende Maßnahmen einzuleiten und ihr vor allem das Recht erteilen, dem Ministerkomitee von der Versammlung oder auf deren Gesuch vorbereitete Entwürfe für maßgebende Instrumente zur Stellungnahme oder gemeinsamen Debatte vorzulegen;

- einen ,,Kodex" von Schlüsselkonventionen des Europarates erstellen und einen Zeitpunkt festlegen, bis zu dem diese Konventionen gezeichnet oder ratifiziert werden müssen.

Der Dritte Gipfel sollte schließlich die Einheit Europas, in dem es keine Trennlinien mehr gibt und das sich auf gemeinsame Werte stützt, noch einmal bekräftigen.

Die Staats- und Regierungschefs sollten unseren Empfehlungen folgen; um dies zu ereichen, zählen wir auf ihre Unterstützung.