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(Es gilt das gesprochene Wort)

Rede des Außenministers von Polen, Prof. Adam D. Rotfeld

anlässlich der Sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Straßburg, 28. April

Sehr geehrter Präsident,

sehr geehrte Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung,
sehr geehrter Generalsekretär, sehr geehrter Generalsekretär der Versammlung,
sehr geehrte Gäste,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

Es ist für mich eine große Ehre heute als Vorsitzender des Ministerkomitees des Europarates vor der Parlamentarischen Versammlung zu sprechen, um Ihnen die Mitteilung über die Aktivitäten des Ministerkomitees seit der letzten ordentlichen Sitzung im Januar zu präsentieren.

Sie haben schon einen ausführlichen schriftlichen Bericht erhalten. Ich möchte jetzt auf ein paar Themen, die für den polnischen Vorsitz von besonderer Bedeutung waren, eingehen. Ich möchte vor allem die Vorbereitung des Dritten Gipfels erwähnen, außerdem die Förderung der Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen und einige weitere Aktivitäten des polnischen Vorsitzes wie zum Beispiel meinen vergangenen Besuch der Republik Moldau als Vorsitzender des Ministerkomitees.

Wie Sie alle wissen, wird Polen in drei Wochen Gastgeberland des Dritten Gipfels des Europarates sein. Deswegen hatte die Vorbereitung dieses wichtigen Ereignisses für den polnischen Vorsitz die größte Priorität. Es ist für uns nicht nur ein Privileg, diesen Gipfel auszurichten; es bedeutet für uns auch eine große Verantwortung, allen Erwartungen gerecht zu werden. Ich kann aber auch sagen, dass es die gemeinsame Verpflichtung aller Teilnehmer ist, den Gipfel zu einem Erfolg werden zu lassen.

Da der Gipfel immer näher rückt, ist es notwendig, Ihnen die Überlegungen zum politischen Inhalt des Gipfels mitzuteilen und Sie über die bereits getroffenen, praktischen Vereinbarungen zu informieren.

Ziel des Gipfels ist es, unsere Organisation darauf vorzubereiten, ihre Rolle im 21. Jahrhundert neu zu definieren. Mit dieser Absicht treffen wir in Warschau zusammen. Wir werden den Auftrag des Europarates, der ältesten europäischen Organisation, die fähig ist, sich den Herausforderungen und Bedrohungen unserer gegenwärtigen Welt zu stellen, noch einmal bekräftigen. Der Gipfel findet in Warschau statt, im Herzen Europas, in der Stadt, die während des Zweiten Weltkrieges völlig zerstört, ja vernichtet wurde, und die jetzt den europäischen Einheitsprozess symbolisiert, durch den im Verlauf der letzten 15 Jahre die bei der Konferenz von Jalta beschlossene, willkürliche und künstliche Teilung unseres Kontinents überwunden wurde. Ist man sich dessen bewusst, wird klar, welch besondere Bedeutung die Wörter „Frieden“ und „Einheit“ in diesem Teil Europas haben.

Während dieser zwei Tage in Warschau feiern wir den seit dem Ersten Gipfel in Wien erzielten Erfolg. Der Europarat hat das ihm übertragene politische Mandat erfüllt und alle europäischen Nationen auf der Grundlage ihrer gemeinsamen Verpflichtung zur Stärkung der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, zusammengeführt. Der kommende Gipfel in Warschau wird auch auf die Fortschritte eingehen, die gemacht wurden, um das strategische Ziel, „ein Europa ohne Trennlinien zu schaffen“, zu erreichen. Dieses Ziel wurde sowohl auf dem Zweiten Gipfel in Straßburg festgelegt als auch in der Erklärung von Budapest, die anlässlich des 50. Jahrestags der Gründung des Europarates verabschiedet wurde.
Jedoch sollte der Gipfel, wie ich bereits erwähnte, zukunftsgerichtet und nicht vergangenheitsorientiert sein. Wir müssen uns in erster Linie den Herausforderungen stellen, mit denen Europa und die Welt heute konfrontiert sind. Im Zusammenhang mit den tief greifenden Veränderungen auf unserem Kontinent und dem gegenseitigen Austausch mit wichtigen europäischen und globalen Partnern, wird der Gipfel die Leitlinien für die künftigen Aktionen des Europarates festlegen. Im Sinne der Vorstellungen und Vorschläge der Delegationsmitglieder, der Versammlung und des Kongresses, arbeitet das Ministerkomitee gegenwärtig die Entwürfe der Politischen Erklärung und des Aktionsplans aus, die von den Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfel verabschiedet werden.
Die Mitgliedsstaaten sollten ihre Verpflichtung bekräftigen, die grundlegenden konventionellen Normen der Organisation einzuhalten. Außerdem sollten sie den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in größerem Maße unterstützen und Maßnahmen ergreifen, um die Zahl der Fälle, über die der Gerichtshof zu entscheiden hat, zu verringern und gleichzeitig eine Strategie entwickeln, wie eine solche Verringerung zu erreichen ist. Dabei spielt auch die Ratifizierung des Protokolls Nr. 14 zur Menschenrechtskonvention eine Rolle. In Einklang mit den Vorschlägen der Versammlung und einiger Mitgliedsstaaten sollte der Dritte Gipfel ein Forum für die Zukunft der Demokratie schaffen und sich dabei den neuen, besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Stärkung der Demokratie stellen. Die Politische Erklärung wird auch die Bedeutung des interkulturellen Dialogs innerhalb der europäischen Gesellschaft und der Nachbarregionen hervorheben.
Die Erklärung wird außerdem betonen, wie bedeutend die soziale Kohäsion ist, vor allem in Zusammenhang mit der Satzung unserer Organisation und den Herausforderungen, vor denen die europäische Gesellschaft steht. In der Politischen Erklärung wird darauf eingegangen, wie gewährleistet werden kann, dass sich die drei europäischen Institutionen – der Europarat, die OSZE und die Europäische Union – besser ergänzen und wie sie besser zusammenarbeiten können.
Der Aktionsplan wird die wichtigsten Gedanken aufgreifen, die in der Erklärung enthalten sind und über die auf den drei Gipfelsitzungen diskutiert wird. Er wird so für den Europarat konkrete Leitlinien, die es zu befolgen gilt und Ziele, die zu erreichen sind, festlegen. Die Mitgliedsstaaten haben praktische Maßnahmen vorgeschlagen, die verabschiedet werden sollten, um den Gerichtshof für Menschenrechte zu stärken und um neue Aktionen durchführen zu können, die, im Rahmen der bestehenden Strukturen des Europarates, die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit und die Demokratie in Europa schützen und die soziale Kohäsion, trotz der neuen Herausforderungen auf diesen Gebieten, gewährleisten.
Die Parlamentarische Versammlung hat vergangenen Januar durch Verabschiedung der „Empfehlung 1693 zum Dritten Gipfel“ die laufenden Verhandlungen wesentlich und umfassend unterstützt. Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit ergreifen und mich dafür bedanken. Diese weitreichenden und inspirierenden Vorschläge waren dem Ministerkomitee sehr willkommen und wir haben, soweit das möglich war, versucht sie in den Dokumenten, die für den Gipfel vorbereitet werden, aufzugreifen. Mit meiner Antwort auf die Fragen der Versammlung werde ich Ihnen einen genauen Überblick über die Vorschläge der Parlamentarischen Versammlung verschaffen, die entweder in die Erklärung oder in den Aktionsplan eingeflossen sind. Auch die Beiträge der Mitgliedsstaaten sind jederzeit willkommen. Sie waren bei der Ausarbeitung der beiden Dokumente überaus hilfreich.
Herr Präsident,
Ich möchte erwähnen, dass der Dritte Gipfel die drei Konventionen über die Verhütung des Terrorismus, über die Bekämpfung des Menschenhandels, über Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus sicherlich unterstützen wird. Die Versammlung hat auf ihrer Januarsitzung über sie debattiert. Wir haben nun die langen Verhandlungen über einige verbleibende Punkte abgeschlossen und die endgültige Version der Texte nahezu ausgearbeitet. Es wäre ein großer Erfolg für den Europarat – unser gemeinsamer Erfolg – wenn wir die Konventionen während des Gipfels zur Zeichnung auflegen könnten.
Das Ministerkomitee und sein Vorsitzender unternehmen sämtliche Anstrengungen, um zu gewährleisten, dass die notwendigen Maßnahmen für einen organisatorisch einwandfreien Ablauf des Gipfels ergriffen werden. Allen Teilnehmern – einschließlich dem Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung – wurden Einladungen zugesandt und ein vorläufiges Programm erstellt. Ich möchte mich bei allen Delegationen bedanken, die ihre Teilnahme auf der höchstmöglichen politischen Ebene bereits bestätigt haben.
Es wurden ebenfalls sämtliche Anstrengungen unternommen, um zu gewährleisten, dass der Gipfel für die europäischen Bürger transparent ist und ihnen offen steht. Wir erwarten ihre aktive Teilnahme. Um dies zu erreichen ist geplant, den Gipfel auf dem Wege der modernen Kommunikations- und Informationstechnologie zu übertragen. Das wird das erste Mal sein, dass die breite Öffentlichkeit die Möglichkeit hat, ein solches diplomatisches Treffen auf hoher Ebene in gesamter Länge live zu verfolgen.
Des Weiteren planen wir zahlreiche Aktivitäten, die in Warschau im Zusammenhang mit dem Dritten Gipfel stattfinden werden. Einige davon möchte ich kurz erwähnen.
Es fanden bereits einige Debatten und Veranstaltungen statt, bei denen Themen aufgegriffen wurden, die für die Ziele des Europarates ausschlaggebend sind. Es werden weitere Debatten und Veranstaltungen folgen. Warschau will sich als offene, schöne Stadt, in der eine freundliche Atmosphäre herrscht, präsentieren. Deswegen sind für das Wochenende vor dem Gipfel zahlreiche interessante kulturelle Veranstaltungen geplant. Es werden, unter anderem, Filme gezeigt, Theaterstücke aufgeführt, es können Ausstellungen und Konzerte besucht werden. Und schließlich feiern wir mit der „Warschauer Nacht für Europa“ dieses Mal den „Europatag“.
Der Jugendgipfel und die Europarats-Konferenz der Internationalen Nicht-Regierungsorganisationen werden voraussichtlich im Rahmen des Gipfels abgehalten.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Hauptanliegen des Gipfels ist die Förderung der Einheit des Kontinents durch Vermeidung neuer Trennlinien. Auch für den polnischen Vorsitz hat dieses Ziel oberste Priorität. Um dies zu erreichen, muss der Europarat seine Aktivitäten besser mit den Aktivitäten der anderen wichtigen europäischen Institutionen, vor allem mit der Europäischen Union und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), abstimmen.
Polen war sich dieser Notwendigkeit bewusst und hat stets für die Schaffung neuer Möglichkeiten der europäischen Zusammenarbeit gearbeitet. Um die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und der OSZE zu fördern, wurden Treffen auf hoher Ebene sowohl mit der OSZE („2+2“ Treffen in Straßburg am 23. Februar 2005) als auch mit der Europäischen Union („Vierertreffen“ in Brüssel am 16. März 2005) organisiert.
Auf dem Vierertreffen mit der Europäischen Union haben wir unseren Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass der Gipfel mit einer klaren Botschaft über den Nutzen der gemeinsamen Werte der europäischen Demokratien die Rolle und Aufgabe des Europarates bestätigt. Es wurde betont, dass der Multilateralismus bei der Lösung der wichtigsten Probleme unserer Zeit eine wesentliche Rolle spielt und auch der Europarat dazu einen besonderen Beitrag leisten kann, da er in den Bereichen der Normensetzung, des Monitorings, der Sensibilisierung und der Hilfestellung für Mitgliedsländer auf eine große Erfahrung zurückgreifen kann. So wird mit vereinten Kräften die Einheit des europäischen Kontinents gestärkt und es werden erneute Trennlinien vermieden.
In diesem Zusammenhang begrüßten wir den von der Europäischen Union eingebrachten, konkreten Vorschlag für Maßnahmen, die ergriffen werden sollten, damit die künftige Zusammenarbeit zwischen den beiden Institutionen partnerschaftlich ist und sich bestmöglich ergänzt. Wir möchten die Kohärenz zwischen den Europarats-Konventionen und den Rechtstexten der Europäischen Union stärken und der EU die Möglichkeit geben, aus der Erfahrung des Europarates Nutzen zu ziehen, vor allem in Bereichen, in denen dessen Kenntnisse über die der EU hinausgehen.
Schließlich unterstützen wir den Vorschlag der Europäischen Union, die Mechanismen der Beratung und Zusammenarbeit auf allen Ebenen zu prüfen, um sie zu stärken und um die Beziehungen zwischen der EU und dem Europarat neu auszurichten und sie wirkungsvoller zu gestalten, was dann in eine wirkliche Konsolidierung ihrer Beziehungen mündet. Es ist wünschenswert, dass auf dieser Grundlage ein Memorandum über die Vereinbarung erarbeitet wird, um eindeutig festzulegen, wie eine größere Zusammenarbeit und ein verstärkter Dialog zwischen beiden Institutionen aussehen sollen.
Einige praktische Schritte, die die Zusammenarbeit wirkungsvoller machen, wurden schon eingeleitet. Es wurde in Straßburg ein Vertreter der Europäischen Union beim Europarat ernannt. Wir hoffen, dass die technischen Voraussetzungen für einen Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte bald erfüllt sind, so dass die Union, sobald der Verfassungsvertrag der EU in Kraft tritt, der Konvention beitreten kann.
Desgleichen wurde auf dem Treffen deutlich gemacht, wie wichtig es für die künftige EU-Agentur für Grundrechte ist, dass die beiden Institutionen zusammenarbeiten und sich ergänzen. Es wurde außerdem begrüßt, dass sich diese Agentur sehr wahrscheinlich verwirklichen lässt. Auch für die Pläne zur Schaffung einer Agentur für Sprachenvielfalt und eines Instituts für die Gleichstellung von Frauen und Männern ist Zusammenarbeit und das gegenseitige Ergänzen von großer Bedeutung.
Während des mit der OSZE abgehaltenen „2+2“ Treffens betonten wir die wichtigen Rollen des Europarates und der OSZE bei der Förderung der Sicherheit, der Zusammenarbeit, des Friedens und der Stabilität auf dem gesamten Kontinent und bei der Schaffung eines Europas ohne Trennlinien, dessen Grundwerte der Schutz der Menschenrechte, die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit sind. Wir haben uns dazu verpflichtet, die Zusammenarbeit zwischen der OSZE und dem Europarat zu fördern, da so gewährleistet werden kann, dass sie sich ergänzen und eine Überschneidung von Tätigkeitsfeldern vermieden wird. Die beiden Organisationen haben sich entschieden, für diese Aufgabe eine Koordinationsgruppe einzusetzen. Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich diesen Entschluss sehr begrüße.
Die Ausarbeitung der politischen Erklärung über die Zusammenarbeit zwischen der OSZE und dem Europarat befindet sich in der Endphase. Ich bin sehr erfreut darüber, dass der Text des Erklärungsentwurfs bei dem Treffen zwischen dem Ministerkomitee des Europarates und dem Ständigen Rat der OSZE, das am 18. April in Straßburg stattfand, angenommen wurde. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Mitgliedsstaaten der beiden Organisationen dem Prozess der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Unterstützung auch langfristig eine große Bedeutung beimessen.
Die erweiterte Zusammenarbeit sollte klare Ziele haben: Vermeidung von Überschneidungen der Tätigkeitsfelder, Austausch von Erfahrungen, Verringerung der Kosten für die einzelnen Aktivitäten. Die wichtigste Aufgabe besteht für die Organisationen darin, die Bereiche der Zusammenarbeit abzustecken. Die Zusammenarbeit kann sich auf eine Reihe regionaler Fragen aber auch auf andere thematische Bereiche erstrecken. Es sollte vor allem bei der Bekämpfung des Terrorismus und des Menschenhandels, beim Kampf gegen Intoleranz und Diskriminierung und beim Schutz nationaler Minderheiten zusammengearbeitet werden. Es sollte insbesondere Wert darauf gelegt werden, die gute Praxis der Zusammenarbeit fortzusetzen, Synergien herzustellen und die Arbeit der OSZE und des Europarates bei praktischen Maßnahmen zu harmonisieren. Die Lösung von Konfliktsituationen durch politischen Dialog ist eine Vorbedingung für demokratische Stabilität und nachhaltige Entwicklung der Regionen, in denen die beiden Institutionen aktiv sind.
Durch die Treffen mit der EU und der OSZE während unseres Vorsitzes sind wir dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Organisationen zu verstärken, einen großen Schritt näher gekommen. Die Verabschiedung der Rahmendokumente über diese Zusammenarbeit während des Gipfels wäre ein gemeinsamer Erfolg. Diese Dokumente enthalten politische Empfehlungen, durch die der organisatorische und rechtliche Rahmen dieser verstärkten Zusammenarbeit festgelegt wird.
In diesem Zusammenhang haben wir die hoch angesehenen Intellektuellen, Sicherheitsexperten und ehemaligen Politiker, die den unabhängigen Bericht Wie sich europäische Institutionen ergänzen vorbereitet haben, nach Warschau eingeladen. Der Bericht der Warschauer Arbeitsgruppe wird an alle Teilnehmer des Dritten Gipfels verteilt.
Meine Damen und Herren,
Ich möchte jetzt auf ein weiteres Thema zu sprechen kommen. Die Stärkung der wichtigsten Werte und Normen des Europarates ist eine unserer Hauptaufgaben. Deshalb habe ich auch den Entschluss gefasst, nach den Anfang März abgehaltenen Parlamentswahlen in der Republik Moldau, Chisinau, am 31. März als Vorsitzender des Ministerkomitees einen offiziellen Besuch abzustatten, um mir ein Bild über die dortige Situation und über die Zusammenarbeit des Landes mit dem Europarat machen zu können. Ich sprach mit den höchsten politischen Führern des Landes, vor allem darüber, in welchen Bereichen die Republik Moldau noch Fortschritte machen muss, um den Standards des Europarates zu entsprechen. Es wurden die Unabhängigkeit und der Pluralismus der Medien angesprochen, die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit sowie Maßnahmen gegen Korruption und lokale Demokratie. Die Situation in der moldauischen Region Transnistrien war ebenfalls Thema der Diskussionen. Es wurde deutlich, dass vier Bedingungen erfüllt sein müssen, um eine Lösung der Krise herbeizuführen: Achtung der Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität der Republik Moldawien einerseits und ein Sonderstatus für die Region Transnistrien andererseits.
Das Ministerkomitee beschäftigt sich schon seit einigen Monaten mit dem Transnistrien-Konflikt, vor allem mit der Situation in den dortigen Schulen. Es verfolgt auch die Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahr 2004 im Fall Ilascu und andere gegen die Republik Moldau und die Russische Föderation.
In Zusammenhang mit dem politischen Umbruch, der sich in den letzten Monaten in der Ukraine vollzogen und ein neues Umfeld geschaffen hat, war auch der künftige Status von Transnistrien Thema meiner Gespräche mit den moldauischen Behörden. Aufgrund der zentralen Rolle, die die Behörden von Tiraspol bei dieser Frage spielen, traf ich mich auch mit Vertretern dieser Behörden. Die politischen Führer Transnistriens machten ihre Bereitschaft deutlich, mit Chisinau über alle neuen Vorschläge zur Lösung des Konflikts zu sprechen. Sie erklärten sich außerdem bereit, mit allen internationalen Organisationen – einschließlich der Venedig-Kommission des Europarates – zusammenzuarbeiten. Sie zeigten sich auch weitgehend offen für eventuelle Fabrik- und Grenzkontrollen durch internationale Beobachter. Sie sind sich auch darüber im Klaren, dass eine völlige Unabhängigkeit weder realistisch, noch politisch vernünftig ist. Ich denke, dass durch meinen Besuch Fortschritte bei der Lösung des Konflikts erzielt wurden. Ich glaube auch, dass die neue ukrainische Führung bei der Suche nach einer dauerhaften politischen Lösung des Konflikts eine wichtige Rolle spielen kann und diese momentan schon spielt.
Herr Präsident,
Der polnische Vorsitz nahm von Anfang an Einfluss auf den demokratischen Wandel – genauer gesagt – auf die Konfliktprävention in der Ukraine. Wie Sie alle wissen, fanden auf Initiative von Präsident Aleksander Kwaśniewski Rundtischgespräche statt, bei denen schließlich ein politischer Kompromiss ausgehandelt wurde. Das Ministerkomitee verfolgt seitdem aufmerksam die von den ukrainischen Behörden angekündigten Maßnahmen, die das Funktionieren der demokratischen Institutionen und die Rechtsstaatlichkeit in dem Land fördern sollen. Nach der Rede des neuen ukrainischen Präsidenten am 25. Januar vor der Parlamentarischen Versammlung, in der er die Unterstützung des Europarates auf einigen Gebieten willkommen hieß, widmete sich die Berichterstattergruppe für demokratischen Stabilität (GR-EDS) dem Thema. Sie hat das Ergebnis des Dreiertreffens zur Kenntnis genommen, bei dem sich die ukrainischen Behörden, das Sekretariat des Europarates und die Europäische Kommission am 17. und 18. März 2005 in Kiew trafen, um die Umsetzung des aktuellen gemeinsamen Programms des Europarates und der Europäischen Kommission für die Ukraine – gültig während der Jahre 2004-2005 – zu überprüfen und den Rahmen für eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Ukraine festzulegen.
Meine Damen und Herren,
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um über unseren Vorsitz im Ministerkomitee, der während des Gipfels im Mai endet, Bilanz zu ziehen.
Wie ich bereits erwähnte, liegt unser Hauptaugenmerk während des Vorsitzes auf der Förderung der Einheit Europas in der historisch neuen politischen Situation des Kontinents, die sich durch den andauernden Erweiterungsprozess und den Wandel der Europäischen Union ergeben hat.
Die Förderung der Einheit Europas war nicht das einzige Ziel, das wir uns für diese sechs Monate gesteckt hatten. Wir hatten vier Hauptziele:
• die Förderung der Menschenrechte
• die Förderung des Dialogs zwischen den Kulturen als Vorbedingung für Toleranz und Konfliktlösung
• die Entwicklung der lokalen Demokratie und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit
• das Überwinden der langen Teilung Europas in der Vergangenheit
All diese Ziele müssen erreicht werden, um ein geeintes Europa zu schaffen, in dem gemeinsame Werte gelten.
Herr Präsident,
Die Förderung der Menschenrechte ist für alle Mitgliedsstaaten von wesentlicher Bedeutung. In diesem Zusammenhang wurden eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, um das System des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte effizienter zu machen, um Rechtsfragen ins Bewusstsein zu rücken und um, im Allgemeinen, Normen im Bereich der Menschenrechte auszuarbeiten und zu konsolidieren. Eines der Treffen, das heute in Straßburg stattfindet, ist in diesem Rahmen von besonderer Bedeutung. Ich spreche von dem Seminar über wirksame Maßnahmen gegen die übermäßige Länge von Gerichtsverfahren.
Wir verpflichten uns außerdem, den Terrorismus zu bekämpfen. Der Kampf gegen den Terrorismus war eines der Hauptthemen beim dritten multilateralen Treffen der Innenminister auf hoher Ebene, das vom 17. bis 18. März in Warschau stattfand. Bei dem Treffen wurde eine Entschließung verabschiedet, durch die die Rolle des Europarates bei der Verhütung und Verfolgung des Terrorismus, des organisierten Verbrechens und anderer schwerer Straftaten gestärkt werden soll. Dabei werden dem Europarat folgende Mittel zur Hand gegeben: Festsetzung von Normen, Monitoring und technische Zusammenarbeit. Diese Konvention gab auch der raschen Zeichnung und Ratifikation der neuen Europarats-Konventionen Auftrieb: dem Entwurf der Konvention zur Terrorismusprävention und dem Entwurf der Konvention über Geldwäsche, Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und Terrorismusfinanzierung.
Auf die sozialen Probleme, denen sich der Europarat widmet, hat auch der polnische Vorsitz sein Augenmerk gerichtet. Um einzelne Themen ins Blickfeld zu richten, haben wir Seminare veranstaltet, unter anderem über Nicht-Regierungsorganisationen in der Zivilgesellschaft und über die Sicherung der medizinischen Versorgung in Europa.
Bei der Schaffung einer europäischen Identität ist die Zusammenarbeit im Bereich der Kultur und Bildung außerordentlich wichtig. Deswegen ist unser drittes Hauptziel die Förderung des interkulturellen Dialogs, der beim Kampf gegen Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus unverzichtbar ist. Die Konferenz in Breslau am 10. Dezember 2004, die anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Europäischen Kulturkonvention veranstaltet wurde, war eine ausgezeichnete Gelegenheit, das in diesem Bereich bereits Erreichte zu überprüfen. Ich denke, dass die bei der Konferenz verabschiedete Erklärung unsere Sichtweisen und Erwartungen im Zusammenhang mit der Konvention widerspiegelt.
In der Entwicklung der lokalen Demokratie und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sah Polen die vierte Hauptaufgabe seines Vorsitzes. Ihr widmeten wir uns mit besonderem Interesse. Wir sollten uns darüber im Klaren sein: Eine wirksame grenzüberschreitende Zusammenarbeit und eine weitreichende lokale Demokratie sind wesentlich für die Förderung der europäischen Einheit, die auf Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, auch auf niedrigster lokaler Ebene, basiert. Polen hat auf diesem Gebiet viel Erfahrung und kann andere Partner davon profitieren lassen, vor allem die Länder, in denen sich gerade ein politischer Wandel vollzieht.
Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Europäischen Rahmenkonvention über grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Behörden und Gebietskörperschaften – unter dem Namen Madrider Konvention bekannt – organisierten wir in diesem Zusammenhang auch die Ministerkonferenz. Die Konferenz gab uns die Gelegenheit, Erfahrungen mit anderen Partnern und interessante Lösungsvorschläge auszutauschen: Wir konnten neue rechtliche Formen der Zusammenarbeit besprechen, wir konnten über die Schaffung guter Praktiken in Mittel- und Osteuropa sprechen und über eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Europarat und der EU auf diesem Gebiet.
Die Nationen Europas stehen vor der großen Herauforderung, das schwierige Erbe der Vergangenheit zu überwinden. Wenn wir ein geeintes Europa schaffen wollen, ein Europa ohne Trennlinien, das fähig ist, einen kulturellen Dialog zu führen, müssen wir die Zerwürfnisse der Vergangenheit ruhen lassen. Ich bin überzeugt, dass eine lange und ernsthafte Diskussion innerhalb des Europarates der richtige Ansatz ist, um zu einem Kompromiss zu gelangen und sich zu versöhnen.
Polen wird die Bildungsprogramme des Europarates unterstützen, die eine gemeinsame, objektive Wahrnehmung der Geschichte erleichtern sollen. Im Rahmen des polnischen Vorsitzes wird Anfang Mai in Krakau ein Seminar der europäischen Bildungsminister zum Thema „Über das Kulturerbe das Erinnern lehren“ veranstaltet.
„Historia magistra vitae est“ – wir dürfen nicht vergessen, dass die Geschichte ein wahrer und ehrlicher Spiegel der Tatsachen ist. Es gibt nur eine europäische Geschichte, aber viele Interpretationen der Vergangenheit. Wir müssen nun mit vereinten Kräften eine Zukunft schaffen, die auf unserem gemeinsamen Erbe basiert.
Herr Präsident
Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ich werde nun auf Ihre Fragen antworten.