Der Europarat und der Arabische Frühling

Seit sich im Dezember 2010 ein verzweifelter Mann in Tunesien angezündet hat, haben sich die Bewegungen für Demokratie in der arabischen Welt vervielfacht. Die revolutionäre Welle an Demonstrationen erhält weiterhin unsere Aufmerksamkeit, bestimmt die Schlagzeilen und schürt die Hoffnung, dass Demokratie an die Stelle von Diktatur treten kann.

Nachdem Generalsekretär Thorbjørn Jagland im Februar Tunesien besucht und die praktische Hilfe des Europarates angeboten hat, werden von der Parlamentarischen Versammlung und der Venedig-Kommission bis hin zur Pompidou-Gruppe und dem Nord-Süd-Zentrum Anstrengungen unternommen..

Europarat unterstützt Rechte der Frauen in Afrika und im Nahen Osten

Frauen haben im Arabischen Frühling eine führende Rolle eingenommen. Viele ließen sich vom Versprechen des positiven Wandels leiten, als es in Tunesien zu mehreren demokratischen Aufständen kam und diese auf Ägypten, Libyen, Jemen, Syrien und die Golfregion übergriffen.

In der gesamten Region traten Frauen für die Zivilgesellschaft und ein neues Bild von Gleichberechtigung ein, die lange durch alte patriarchalische Regime unterdrückt worden war.

„Durch die Bereitstellung einer Gesprächsplattform zum Thema Frauenrechte leistet der Europarat seinen Beitrag, sodass die Rechte der Frauen in den Ländern des Arabischen Frühlings auch weiterhin Bedeutung behalten", so die Autorin und Journalistin Souhayr Belhassen, Gewinnerin des diesjährigen Nord-Süd-Preises des Europarates. Während eines Besuchs in Straßburg am 12. März 2012 lenkte sie die Aufmerksamkeit auf eine weltweit veröffentlichte Petition, die von Tausenden von Menschen, darunter auch berühmte Persönlichkeiten, unterzeichnet wurde, mit der Forderung an die Länder des Arabischen Frühlings, Frauen Würde, Gleichberechtigung und Respekt zukommen zu lassen.

Anlässlich des Internationalen Frauentags erklärte der Generalsekretär des Europarates, Thorbjørn Jagland: „Für uns alle ist es wichtig, den Beitrag der Frauen als treibende Kraft zum Fortschritt und zur Reform anzuerkennen, und es ist unerlässlich, dass die Stimmen der Frauen beim Aufbau neuer arabischer Gesellschaften und bei der Bekämpfung von Diskriminierung und Stereotypen erhört werden. Sollten die Frauen erneut ausgeschlossen werden, könnte der vielversprechende Arabische Frühling zu einem neuen Winter werden."

© Antoine Walter / Tunesien, 15. Januar 2011 

Zurück Gleichberechtigung nach Arabischem Frühling – Frauen fordern Veränderungen

In einer heute verabschiedeten Entschließung hat die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) die Länder im südlichen Mittelmeerraum, die vor kurzem den Weg in Richtung Demokratie beschritten haben, eingeladen, Reformen durchzuführen, „um den Status der Frauen zu verbessern und alle Formen von Diskriminierung ihnen gegenüber zu beseitigen", sowie die Vertretung von Frauen in gewählten öffentlichen Gremien zu fördern. Der Versammlung zufolge sollten diese Länder auch die Gesetzgebung im Bereich des Familien- und des Personenstandsrechts in Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards bringen und einen rechtlichen Rahmen zur Vorbeugung und Ahndung aller Formen von Gewalt gegen Frauen einführen.

Die Versammlung folgte dem Vorschlag der Berichterstatterin Fatiha Saïdi (Belgien, SOC) und forderte die Länder in der Region auf, die Möglichkeiten eines parlamentarischen Dialogs im Rahmen des Status „Partner für die Demokratie" zu erwägen, wobei dieser Status als erstes dem marokkanischen Parlament im Juni 2011 gewährt wurde.

Die Versammlung begrüßte außerdem die Initiativen des Generalsekretärs und einiger Organe des Europarates zur Einrichtung eines engeren Dialogs mit den Ländern in der Region, insbesondere Marokko und Tunesien. Sie forderte das Ministerkomitee auf, diese Maßnahmen durch politischen Dialog und länderspezifische Aktionspläne, die in Zusammenarbeit mit den Behörden der jeweiligen Länder erstellt werden, fortzusetzen und gleichzeitig sicherzustellen, dass der Gleichstellung der Geschlechter und der Verbesserung des Status der Frauen hohe Priorität beigemessen wird. 

Experte

Im Juli 2011 hat Olfa Belhassine, Journalistin der tunesischen Tageszeitung „La Presse", Straßburg einen Besuch abgestattet, um einen Bericht über den Europarat zu schreiben. „In einer Übergangssituation sind die Dinge alles andere als leicht“, sagte sie. Sie unterstrich nicht nur die Bedrohung durch islamische Fundamentalisten, sondern auch die durch Gegenrevolutionäre, die den ehemaligen Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali unterstützen, der 21 Jahre lang an der Spitze Tunesiens stand. „Mehr als je zuvor benötigen wir Journalisten, die die Öffentlichkeit über die Ereignisse, die hier stattfinden, informieren und begrüßen die Unterstützung des Europarates im Bereich der Pressefreiheit und Demokratie.“

Die preisgekrönte Journalistin Olfa Belhassine ist nicht nur eine herausragende Redakteurin der tunesischen Tageszeitung „La Presse“, sondern hat außerdem in bedeutenden französischen Zeitungen, einschließlich „Le Monde“ und „Libération“ Artikel über den Arabischen Frühling veröffentlicht.