Der Europarat und die Europäische Union: verschiedene Rollen, gemeinsame Werte

 


Der Europarat und die Europäische Union stützen sich auf dieselben grundlegenden Werte: Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Sie sind jedoch unterschiedliche Organisationen, die verschiedene Rollen wahrnehmen, sich dabei jedoch ergänzen.

Der Europarat rückt diese Kernwerte in den Mittelpunkt und vereinbart mit Regierungen aus ganz Europa und anderen Teilen der Welt Rechtsnormen in umfassenden Bereichen. Anschließend überwacht die Organisation die Anwendung dieser Normen durch die Länder, die den entsprechenden Vertrag unterzeichnet haben. Des Weiteren bietet der Europarat, oftmals in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union, fachliche Unterstützung, um den Ländern bei der Einhaltung ihrer Verpflichtungen zu helfen.

Die EU bezeichnet diese gemeinsamen europäischen Werte als Schlüsselelemente für ihren verstärkten politischen und wirtschaftlichen Integrationsprozess. Oftmals stützt sie sich bei der Erstellung von Rechtsinstrumenten und rechtlichen Abkommen für ihre 27 Mitgliedsländer auf die Normen des Europarates. Außerdem bezieht sich die Europäische Union regelmäßig im Rahmen ihrer Beziehungen zu Nachbarländern, von denen viele Europarats-Mitgliedsstaaten sind, auf seine Normen und seine Monitoring-Arbeit.

Der Vertrag von Lissabon hat den Handlungsspielraum der EU auf vielen Gebieten, auf denen der Europarat bereits über bedeutsame Erfahrung und maßgebliches Fachwissen verfügt, ausgedehnt. Dadurch ist eine verstärkte Zusammenarbeit in Bereichen wie Bekämpfung des Menschenhandels, sexuelle Ausbeutung von Kindern und Gewalt gegen Frauen entstanden. Des Weiteren hat der Vertrag von Lissabon den Weg für die Europäische Union zur Zeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention und weiterer Europarats-Vereinbarungen geebnet.

Die Beziehungen zwischen dem Europarat und der Europäischen Union sind in folgenden Dokumenten festgelegt:

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Zurück Europäische Kommission und Europarat starten Gespräche über den Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention

Heute haben offizielle Gespräche über den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) begonnen. Thorbjørn Jagland, Generalsekretär des Europarates, und Kommissions-Vizepräsidentin Viviane Reding haben bei einem Treffen in Straßburg den Beginn des gemeinsamen Gesprächsprozesses eingeläutet. Dabei wurde erörtert, wie der Prozess vorangetrieben werden kann, damit den Bürgern möglichst schnell die Vorteile eines stärkeren und kohärenteren Schutzes der Grundrechte in Europa zugute kommen.

„Der heutige Tag ist ein wirklich historischer Augenblick. Wir fügen heute das fehlende Bindeglied in das europäische System des Grundrechtschutzes ein, das die Kohärenz zwischen dem Konzept des Europarats und dem der Europäischen Union sicherstellt", erklärte Vizepräsidentin Viviane Reding, die für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft zuständige Kommissarin. „Der EU kommt eine tragende Rolle bei der weiteren Stärkung des Grundrechtssystems der Konvention zu. Wir haben mit unserer eigenen Charta der Grundrechte die weltweit modernste Kodifizierung von Grundrechten. Dies ist eine sehr gute Voraussetzung für den erfolgreichen Meinungsaustausch zwischen den Verhandlungspartnern."

Thorbjørn Jagland, Generalsekretär des Europarats, erklärte: „Die Europäische Menschenrechtskonvention ist der wichtigste Maßstab für den Schutz der Menschenrechte in ganz Europa. Die Europäische Union setzt durch ihre Bereitschaft, die Tätigkeit ihrer Organe denselben Menschenrechtsbestimmungen und Prüfungen zu unterwerfen, die für alle europäischen Demokratien gelten, das unmissverständliche Signal, dass Europa im Wandel begriffen ist und dass die einflussreichsten und mächtigsten Akteure dabei ihren Teil der Verantwortung tragen wollen."

Durch den Beitritt der EU zur EMRK erfolgt eine Gleichstellung der EU mit ihren Mitgliedstaaten hinsichtlich des vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg überwachten Systems des Grundrechtsschutzes. Damit kann die EU in Rechtssachen vor dem Straßburger Gerichtshof gehört werden. Mit dem Beitritt würde die EU die 48. unterzeichnende Partei der EMRK werden. Sie wäre mit einem eigenen Richter beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vertreten.

Auch dem einzelnen Bürger erschließen sich dadurch neue Möglichkeiten. Nach Ausschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe kann er beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Individualbeschwerde erheben, wenn er sich durch die EU in seinen Grundrechten verletzt sieht.

Hintergrund

Die Rechtsgrundlage für den Beitritt der EU zur EMRK bilden Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union und Artikel 59 der EMRK in der Fassung des Protokolls Nr. 14.

Am 17. März 2010 hatte die Kommission Verhandlungsrichtlinien für den Beitritt der EU zur EMRK vorgeschlagen (IP/10/291). Am 4. Juni 2010 erteilten die Justizminister der EU der Kommission den Auftrag, in ihrem Namen die Verhandlungen zu führen. Am 26. Mai 2010 erteilte das Ministerkomitee des Europarats seinem Lenkungsausschuss für Menschenrechte den Ad-hoc-Auftrag, gemeinsam mit der EU das erforderliche Rechtsinstrument für den Beitritt der EU zur EMRK auszuarbeiten.

Die nächsten Schritte

Von heute an werden Unterhändler der Kommission und Experten des Europarat-Lenkungsausschusses für Menschenrechte regelmäßig zu Beratungen über das Beitrittsabkommen zusammenkommen. Am Ende dieses Prozesses wird das Beitrittsabkommen zwischen den 47 Vertragsparteien der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Europäischen Union abgeschlossen werden. (Die EU entscheidet hierbei mit einstimmigem Beschluss des Rats der EU; das Europäische Parlament, das jederzeit voll über den Stand der Verhandlungen informiert sein muss, hat ebenfalls seine Zustimmung zu erteilen). Das Beitrittsabkommen muss auch von allen 47 Vertragsparteien der EMRK einschließlich jener, die auch EU Mitgliedstaaten sind, im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert werden. Beide Verhandlungsparteien streben einen reibungslosen und zügigen Abschluss der Gespräche an, damit der Beitritt so früh wie möglich erfolgen kann.

Für weitere Informationen

Europarat Straßburg 07/07/2010
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Beitrag zum Haushalt des Europarates

Im Jahr 2019 beliefen sich die Beiträge der Europäischen Union im Rahmen der gemeinsamen Programme des Europarates und der EU auf 206,1 Millionen Euro. Kofinanzierung durch die EU zu 85 %, durch den Europarat zu 15 %.

29 gemeinsame Programme, die sich auf insgesamt 111,7 Millionen Euro belaufen, wurden 2019 neu ausgehandelt.

Multimedia

Global Action on Cybercrime (GLACY), Videobericht eines gemeinsamen Projekts der Europarats und der EU