Hinweise zur Teilnahme von Nichtmitgliedstaaten an Verträgen des Europarats

Den meisten Verträgen des Europarats können nicht nur die Mitgliedstaaten des Europarats beitreten. Vielmehr stehen solche, sogenannten „offenen“ Verträge auch Nichtmitgliedsstaaten zum Beitritt offen, sofern sie vom Ministerkomitee des Europarats dazu eingeladen werden,

Die Beitrittsmodalitäten für Nichtmitgliedsstaaten werden in den Abschlussklauseln der Verträge festgelegt. Im Allgemeinen müssen alle Vertragsparteien zustimmen, bevor eine Einladung zum Beitritt eines Nichtmitgliedsstaates ausgesprochen werden kann.

Zu jedem Vertrag des Europarats findet sich auf dem Internetauftritts des Vertragsbüros jeweils auf der Einzelseite eines Vertrags ein Informationsblatt (Notes of informations) in englischer und französischer Sprache zu den spezifischen Beitrittsmodalitäten dieses Vertrags für Nichtmitglieder.

Das Verfahren für den Beitritt eines Staates zu einem Europaratsvertrag, der nicht Mitglied des Europarats ist und sich nicht an der Ausarbeitung des Vertrags beteiligt hat, lässt sich wie folgt zusammenfassen:

1.   Das Ministerkomitee kann grundsätzlich die Initiative ergreifen und einen Nichtmitgliedstaat einladen, einem bestimmten Übereinkommen beizutreten. In der Praxis ist es jedoch üblich, dass ein Nichtmitgliedstaat den Beitritt in einem an den Generalsekretär des Europarats gerichteten Schreiben beantragt. Das Schreiben sollte vom Außenminister des Landes oder einem diplomatischen Vertreter auf Anweisung seiner Regierung unterzeichnet werden..

2.   Der gängigen Praxis des Europarats entsprechend, konsultiert das Sekretariat die Delegationen der Mitgliedstaaten, und die anderen Nichtmitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind, über den Beitrittsantrag bevor der Punkt formell auf die Tagesordnung des Ministerkomitees gesetzt wird.

3.   Offizielle Beitrittsanträge werden von einer Berichterstattergruppe (rapporteur group) des Ministerkomitees und anschließend vom Ministerkomitee geprüft. Die Entscheidung, den Nichtmitgliedstaat einzuladen, wird in der Regel auf der Ebene der Ministerbeauftragten (Ministers‘ Deputies) getroffen.

Selbst wenn der betroffene Vertrag dies nicht ausdrücklich regelt, kann das Ministerkomitee beantragen, ein Gutachten über die Vereinbarkeit des innerstaatlichen Rechts des beitrittswilligen Staates mit den Standards des Europarats erstellen zu lassen. Ein solches Verfahren findet insbesondere dann statt, wenn der Gegenstand des Übereinkommens dies erforderlich erscheinen lässt und wenn mindestens ein Mitgliedstaat dies während der Beratungen des Ministerkomitees beantragt hat. Die Herbeiziehung eines Sachverständigenausschusses zur Anfertigung des Gutachtens wird das Beitrittsverfahren regelmäßig erheblich in die Länge ziehen, da die Anfertigung des Gutachtens oft mehr als Jahr dauern kann. Wenn ein solches Verfahren nicht stattfindet, können die erforderlichen Entscheidungen in deutlich kürzerer Zeit getroffen werden.

4.   Es wird darauf hingewiesen, dass das Ministerkomitee im April 2013 beschlossen hat, die Wirksamkeit einer Beitrittseinladung an Nichtmitgliedsstaaten zu Übereinkommen auf einen Zeitraum von fünf Jahren zu beschränken.

5.   EEine Einladung zum Beitritt zu einem Übereinkommen des Europarats wird dem jeweiligen Nichtmitgliedsstaat mitgeteilt, der dann vor dem Beitritt die erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss, um sicherzustellen, dass sein innerstaatliches Recht die Umsetzung des Übereinkommens ermöglicht. In diesem Kontext ist zu beachten, dass es innerhalb des Europarats mehrere Sachverständigenausschüsse gibt, die die Anwendung der Verträge durch die Vertragsstaaten überwachen. So verfügt der Europarat beispielsweise über einen Sachverständigenausschuss, der die Anwendung von Übereinkommen im strafrechtlichen Bereich überwacht (PC-OC). Weitere Informationen dazu: auf dem PC-OC-Internetauftritt.

6.   Es ist üblich, dass die Beitrittsurkunde in Anwesenheit eines Vertreters des Beitrittsstaats und des Generalsekretärs des Europarats am Sitz des Europarats in Straßburg hinterlegt wird. Der Vertreter des Beitrittsstaates bringt die Beitrittsurkunde mit. Daraufhin unterzeichnen beide Parteien ein Hinterlegungsprotokoll. Sollte es dem beitretenden Staat nicht möglich sein, einen Vertreter nach Straßburg zu senden, kann die Beitrittsurkunde auch per diplomatischem Kurierdienst versandt werden. Die Hinterlegung der Beitrittsurkunde wird den Mitgliedern des Europarats und den anderen Vertragsparteien des Übereinkommens bekanntgegeben. Die Staaten, die einem Übereinkommen beigetreten sind, sind berechtigt, auch den Zusatzprotokollen zu diesem Übereinkommen beizutreten.

7.   Vorbehaltlich der geltenden abweichenden Bestimmungen jedes Vertrages und im Einklang mit dem Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge müssen zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Beitrittsurkunde zugleich etwaige Erklärungen und Vorbehalte abgegeben werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit und um eine einheitliche Umsetzung der Übereinkommen des Europarates zu gewährleisten, dürfen Vorbehalte nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht werden.

8.   Abschließend sei darauf hingewiesen, dass manche Übereinkommen des Europarats eine Regelung zur Finanzierung des jeweiligen vertragsbezogenen Follow-Up-Mechanismus durch Nichtmitgliedstaaten enthalten. Das Ministerkomitee hat am 6. April 2022 die Entschließung CM/Res(2022)6 über die finanziellen Modalitäten der Teilnahme der Europäischen Union und von Nichtmitgliedstaaten an den Konventionen des Europarates angenommen, die die Entschließungen CM/Res(2019)3, CM/Res(2020)6 und CM/Res(2021)1 aufhebt und ersetzt, auch in Bezug auf die Nichtmitgliedstaaten, die in den Anwendungsbereich der Entschließungen CM/Res(2019)3 und CM/Res(2021)1 fallen (Nur Englisch und Französisch).